Andacht zu Pfingsten 2020

Votum und Gruß

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Flammen der Inspiration. Beseelte Menschen. Wortstrudel, die auf wunderbare Weise von allen verstanden werden. Eine flammende Predigt. Euphorie und Ausnahmezustand. Das ist Pfingsten, das Fest der entfesselten Begeisterung.

Es soll nicht durch Kraft oder Heer, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth. (Sacharja 4, 6b)

Das Pfingstfest erzählt vom Atem Gottes und seiner wirkmächtigen Energie, es lässt sich nicht beirren durch Regeln zum Infektionsschutz, die Singen und Blasinstrumente verbieten. Denn Gottes Geist weht, wo er will. So lassen wir uns begeistern von den Liedern und Texten, lassen sie im Geiste in uns wirken.

Lied EG 125 Komm, Heiliger Geis, Herre Gott

1 Komm, Heiliger Geist, Herre Gott, / erfüll mit deiner Gnaden Gut / deiner Gläub‘gen Herz, Mut und Sinn, / dein brennend Lieb entzünd in ihn‘. / O Herr, durch deines Lichtes Glanz / zu dem Glauben versammelt hast / das Volk aus aller Welt Zungen. / Das sei dir, Herr, zu Lob gesungen. / Halleluja, Halleluja.

2 Du heiliges Licht, edler Hort, / lass uns leuchten des Lebens Wort / und lehr uns Gott recht erkennen, / von Herzen Vater ihn nennen. / O Herr, behüt vor fremder Lehr, / dass wir nicht Meister suchen mehr / denn Jesus mit rechtem Glauben / und ihm aus ganzer Macht vertrauen! / Halleluja, Halleluja.

Psalm 118

Dies ist der Tag, den der Herr macht; lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein.
O Herr, hilf! O Herr, lass wohlgelingen!
Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Wir segnen euch vom Haus des Herrn.
Der Herr ist Gott, der uns erleuchtet. Schmückt das Fest mit Maien bis an die Hörner des Altars!
Du bist mein Gott, und ich danke dir; mein Gott, ich will dich preisen.
Danket dem Herrn; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.

Gebet

Du Gott des Aufbruchs, segne uns, wenn wir dein Rufen hören, wenn Deine Stimme uns lockt, wenn Dein Geist uns bewegt zu Neubeginn. Begleite und behüte uns, wenn wir aus Abhängigkeiten fliehen, wenn wir uns aus Gewohnheiten verabschieden, wenn wir dankbar zurücksehen. Wende uns dein Angesicht zu, wenn wir Irrwege nicht erkennen, wenn wir Angst haben und ermüden. Mach uns aufmerksam, wenn uns Menschen begegnen, wenn unsere Freude überschäumt, wenn Blumen blühen, die Sonne uns wärmt, Wasser uns erfrischt. Du Gott des Aufbruchs, sei mit uns unterwegs zu uns selbst, zu den Menschen, zu Dir. Amen.

Lied SJ 27 Wind kannst du nicht sehen

1. Wind kannst du nicht sehen, ihn spürt nur das Ohr / flüstern oder brausen wie ein mächt’ger Chor.

2. Geist kannst du nicht sehen; doch hör‘ wie er spricht / tief im Herzen Worte voller Trost und Licht.

3. Wind kannst du nicht sehen, aber was er tut: / Felder wogen, Wellen wandern in der Flut.

Evangelium Johannes 14, 15-27

Christus sprach zu seinen Jüngern: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote befolgen. Dann werde ich den Vater um etwas bitten: Er wird euch an meiner Stelle einen anderen Tröster geben, einen, der für immer bei euch bleibt. Das ist der Geist der Wahrheit. Diese Welt kann ihn nicht empfangen, denn sie sieht ihn nicht und erkennt ihn nicht. Aber ihr erkennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch gegenwärtig sein. Ich lasse euch nicht allein wie Waisenkinder. Ich komme wieder zu euch. Es dauert nur noch kurze Zeit, dann wird diese Welt mich nicht mehr sehen. Aber ihr werdet mich sehen, denn ich lebe. Und ihr werdet auch leben. An dem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin im Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch. Wer meine Gebote annimmt und sie befolgt, der liebt mich wirklich. Wer mich liebt, wird von meinem Vater geliebt. Auch ich liebe ihn, und er darf mich sehen.“

Judas – nicht der Sohn von Iskariot – sagte zu ihm: „Herr, warum dürfen wir dich sehen, aber diese Welt darf es nicht?“ Jesus antwortete ihm: „Wer mich liebt, wird sich nach meinem Wort richten. Mein Vater wird ihn lieben. Und wir werden zu ihm kommen und immer in ihm gegenwärtig sein. Wer mich nicht liebt, wird sich nicht nach meinem Wort richten. Und dabei stammt das Wort, das ihr hört, nicht von mir selbst. Es stammt vom Vater, der mich beauftragt hat. Ich habe euch das gesagt, solange ich noch bei euch bin. Der Vater wird euch den Beistand schicken, der an meine Stelle tritt: den Heiligen Geist. Der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich selbst euch gesagt habe.

Zum Abschied schenke ich euch Frieden: Ich gebe euch meinen Frieden. Ich gebe euch keinen Frieden, wie ihn diese Welt gibt. Lasst euch im Herzen keine Angst machen und fürchtet euch nicht.

Lied Wind kannst du nicht sehen

4. Geist kannst du nicht sehen; doch, wo er will sein / weicht die Angst und strömt die Freude mächtig ein.

5. Hergesandt aus Welten, die noch niemand sah, / kommt der Geist zu uns, und Gott ist selber da.

Ansprache

Was bedeutet für uns dieser Ort – unsere Kirche? Ihre Räume, ihre vertrauten Einrichtungsstücke, die Orgel mit ihren Klängen, der Blick durch die weiten Fenster.

Was bedeutet uns der vertraute Raum dieser Kirchengemeinde?

In den vergangenen Wochen konnten wir eine Ahnung davon kriegen, wie viel das alles, das Kirchengebäude, der volle Glockenklang, aber eben auch all die Menschen dieser Glaubens- und Lebensgemeinschaft bedeutet. Wie haben wir all das vermisst! Neben den ganzen Einschränkungen im Alltag und die Sorge darum, wie es weitergeht, waren es doch oft gerade die vertrauten Rituale und Menschen, die so sehr gefehlt haben: Geburtstagsfeiern, Chorproben, die quirligen KiKi-Kinder, der Einsatz im Garten, die Bustour, das Gespräch im Gemeindebüro, Gründonnerstag, Karfreitag, der Ostermorgen auf dem Friedhof und – natürlich die Gottesdienste.

Das vertraute Gefühl hat sich noch nicht wieder eingestellt. Es ist noch nicht wieder wie früher. Vieles fehlt gerade.

Dann kam der Pfingsttag. Alle, die zu Jesus gehört hatten, waren an einem Ort versammelt. Plötzlich kam vom Himmel her ein Rauschen wie von einem starken Wind. Das Rauschen erfüllte das ganze Haus, in dem sie sich aufhielten. Dann erschien ihnen etwas wie züngelnde Flammen. Die verteilten sich und ließen sich auf jedem Einzelnen von ihnen nieder. Alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt. Sie begannen, in fremden Sprachen zu reden – ganz so, wie der Geist es ihnen eingab. In Jerusalem lebten auch fromme Juden aus aller Welt, die sich hier niedergelassen hatten. Als das Rauschen einsetzte, strömten sie zusammen.

Sie waren verstört, denn jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. Erstaunt und verwundert sagten sie: „Sind das denn nicht alles Leute aus Galiläa, die hier reden? Wie kommt es, dass jeder von uns sie in seiner Muttersprache reden hört? Wir kommen aus Persien, Medien und Elam. Wir stammen aus Mesopotamien, Judäa, Kappadozien, aus Pontus und der Provinz Asien, aus Phrygien und Pamphylien. Aus Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen, ja sogar aus Rom sind Besucher hier. Wir sind Juden von Geburt an und Fremde, die zum jüdischen Glauben übergetreten sind. Auch Kreter und Araber sind dabei. Wir alle hören diese Leute in unseren eigenen Sprachen erzählen, was Gott Großes getan hat.“ Erstaunt und ratlos sagte einer zum anderen: „Was hat das wohl zu bedeuten?“ Wieder andere spotteten: „Die haben zu viel neuen Wein getrunken!“

Pfingsten ist eine große Unterbrechung. Da geschieht etwas, das nicht zu erklären ist. Zu viel Wein?! Erzählt wird vom großen Rauschen, von züngelnden Flammen über den Köpfen der Menschen. Und auf einmal beginnen sie, in fremden Sprachen zu reden – die sie nie gelernt haben. Verdutzt sind sie alle.

Da trat Petrus vor die Menge und mit ihm die anderen elf Apostel. Mit lauter Stimme rief er ihnen zu: „Ihr Männer von Judäa! Bewohner von Jerusalem! Lasst euch erklären, was hier vorgeht, und hört mir gut zu! Diese Leute sind nicht betrunken, wie ihr meint. Es ist ja erst die dritte Stunde des Tages. Nein, was hier geschieht, hat der Prophet Joel vorhergesagt: ‚Gott spricht: Das wird in den letzten Tagen geschehen: Ich werde meinen Geist über alle Menschen ausgießen. Eure Söhne und eure Töchter werden als Propheten reden. Eure jungen Männer werden Visionen schauen und eure Alten von Gott gesandte Träume träumen. Über alle, die mir dienen, Männer und Frauen, werde ich in diesen Tagen meinen Geist ausgießen. Und sie werden als Propheten reden. Ich werde Wunder tun droben am Himmel. Und ich werde Zeichen erscheinen lassen unten auf der Erde: Blut und Feuer und dichte Rauchwolken. Die Sonne wird sich verfinstern, und der Mond wird sich in Blut verwandeln. Dies alles geschieht, bevor der große und prächtige Tag des Herrn anbricht. Jeder, der dann den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden!‘“

Ernst sind diese Worte. Sie malen eine Bild von der Zukunft, das erschreckt. Blut, Feuer, dichte Rauchwolken. All das klingt beunruhigend und bedrohlich. Es bringt die vertraute Welt ins Wanken. Es schreit geradezu: Ab jetzt muss es bei uns anders werden!

Manchen ist nicht nach mehr Veränderungen. Für sie gab es schon zu viele Umbrüche, Neuorientierungen, Ausnahmesituationen, privat wie gesellschaftlich und politisch. Sie denken: Es reicht jetzt mit Unterbrechungen, es soll endlich wieder so werden, wie es früher war.

Aber Petrus blickt mit seiner Predigt unbeirrt nach vorne, in die Zukunft. Er benennt die verstörenden Ereignisse, die schon Propheten vor langer Zeit vorausgesagt haben. Es klingt nach Katastrophen und Endzeit.

Es klingt ein wenig nach dem, was vielen jungen Menschen weltweit in diesen Tagen drohend vor Augen steht, wenn sie an die Zukunft unseres Planeten denken. Eure Söhne und eure Töchter werden als Propheten reden. Eure jungen Männer werden Visionen schauen. Es klingt auch nach dem Wissen der Generationen, die so vieles schon einmal gesehen und erlebt haben. Lange war das vielleicht vergraben und vergessen, aber nachts taucht vieles wieder auf: Eure Alten werden von Gott gesandte Träume träumen.

Das war der Pfingsttag. Alle, die zu Jesus gehört hatten, waren an einem Ort versammelt. Und Petrus predigte von Zeichen der Endzeit, vom Weissagen und Träumen.

Wie wichtig ist es, einen Ort im Leben zu haben. Es können auch mehrere Orte sein, im Laufe des Lebens wechseln sie vielleicht: das Haus, in dem mein Vater geboren ist, die Wohnung der Oma, der Jugendkeller in der Kreisstadt, das Familiengrab, der Urlaubsstrand an der Ostsee. Für viele Menschen ist diese Kirche so ein Ort. Er erinnert an Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Trauerfeiern, an Menschen, die hier einmal waren, an bewegte Momente.. Ich spüre, wie wichtig es ist, wenn im Gespräch so etwas herauskommt, wenn jemand sagt: Hier bin ich getauft. Und dann in die Kirche hineingeht, um zu sehen und zu träumen. Wie war es damals? Was verbindet mich mit diesem Ort?

Für die Apostelgeschichte ist es ganz wichtig, dass am Anfang dieser eine Ort beschrieben wird, zu dem alle hinströmen. Er ist wie eine Schleife, der den bunten Blumenstrauß der Christenheit zusammenhält – ein Heimathafen des Christentums, Taufort und Konfirmationskirche in einem. Aber es geht nicht nur um den Ort, sondern vielmehr darum, was an diesem Ort passiert: Petrus predigt. Und genau diese Predigt ruft zum Aufbruch. Sie ermuntert zum Weissagen und Träumen.

Auch die wiederaufgebaute Kuppel des Berliner Stadtschlosses sollte ursprünglich so ein zentraler Identifikationsort werden. Es ist in keinem anderen Heil, es ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn der Name Jesu, zu Ehren des Vaters, dass im Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erden sind. So steht es dort in einer Mischung aus Apostelgeschichte und Philipperbrief geschrieben. Darüber schwebt nun seit Freitag auf Palmenblättern ein Kreuz. Mir wird mulmig, wenn so ein Spruch mit Kreuz auf einem frischen Neubau unserer Stadt zu sehen ist. Vielleicht war es wirklich der dringende Wunsch Friedrich Wilhelms IV. damals ein einigendes christliches Band für seine Welt zu finden. Doch spätestens aus unserem Predigttext wird deutlich, dass die verbindende Schleife, an der man Christliches Leben erkennen kann, der Ort zum Aufbruch ist. Goldene Schrift auf Preußischblau mit Palmen und Kreuz in feinster Schmiedearbeit vermögen kaum etwas vom Geist Gottes in der Kirche zu zeigen.

Der Anfang der Kirche ist ein Ort, an dem ein Aufbruch passiert. Mit der Predigt des Petrus geht es los in die Zukunft. Weissagen und Träumen befreit alle Gedanken von dem, was uns heute als der „Gang der Dinge“ gefangen hält. Weissagen und Träumen bringt mich zu Bildern von einer gastfreundlichen Kirche, in der Menschen kommen und auch wieder gehen, so wie es ihrem und nicht unbedingt meinem oder unserem Weg entspricht. Der Anfang der Kirche erinnert mich daran, dass der Weg unserer Kirchengemeinden im Pfarrsprengel nur der immer neue Aufbruch sein kann. Dieser Weg geht zu unseren Nachbargemeinden, er geht zu den Menschen hinaus und lädt alle ein, die kommen, auch wenn das Unwägbarkeiten und Schwierigkeiten mit sich bringt. Wie schön ist es, wenn auch unsere Kirchengebäude zu Orten des Aufbruchs werden! Da ist man gerne zu Hause. Seid herzlich willkommen hier in dieser Kirche. Bleibt gerne und träumt mit. Amen.

Fürbitten mit E.EG 7 Atme in uns

Refrain
Atme in uns, Heiliger Geist, / brenne in uns, Heiliger Geist, / wirke in uns, Heiliger Geist, / Atem Gottes, komm!

Heiliger Geist, du bist geschickt, um bei uns zu sein und uns zu trösten. Wir bitten dich: Tröste die Familie von Paul Kleine und alle, die seinetwegen traurig sind. Trockne ihre Tränen, lass sie deine heilsame Gegenwart spüren.

1. Komm, du Geist, durchdringe uns. / Komm, du Geist, kehr bei uns ein. / Komm, du Geist, belebe uns, / wir ersehen dich.

Wir sehen uns nach anderen, wir wünschen uns Zuwendung. Wir bitten dich: lass uns in unserer Einsamkeit nicht allein. Kehr bei uns ein, belebe uns neu.

Refrain
Atme in uns, Heiliger Geist, / brenne in uns, Heiliger Geist, / wirke in uns, Heiliger Geist, / Atem Gottes, komm!

Viele sind verunsichert. Die Mächtigen der Welt sind uneins. Wissenschaftler und Forscherinnen mühen sich. Schenke ihnen allen deine Klarheit, deinen Rat, deine Stärke.

2. Komm, du Geist, der Heiligkeit, / komm, du Geist, das Wahrheit! / Komm, du Geist der Liebe uns neu, wir ersehnen dich.

Die Kranken sehnen sich nach einer Wendung, nach Heilung. Die Sterbenden brauchen Begleitung. Komm zu ihnen und lass sie nicht allein.

3. Komm, du Geist, mach du uns eins, / komm, du Geist, erfülle uns! / Komm, du Geist und schaff uns neu, wir ersehnen dich.

Ja, wir sehnen uns danach zu singen und gemeinsam aufzuatmen. Deine Gemeinde ruft zu dir: Komm und berühre deine Menschen. Brich mit uns zusammen auf. Komm zu uns, wir warten!

Refrain
Atme in uns, Heiliger Geist, / brenne in uns, Heiliger Geist, / wirke in uns, Heiliger Geist, / Atem Gottes, komm!

Segen

Der schöpferische Gott gebe uns seinen Geist, der wie Feuer ist und Sturm, wie Worte, die alle verstehen.
Der gütige Gott gebe uns seinen Geist, der zusammenführt und neu werden lässt.
Der treue Gott gebe uns seinen Geist, uns und allen Menschen, damit wir ihm ähnlich werden.
Und der Segen unseres Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, komme auf euch herab und bleibe bei euch allezeit. Amen.