Baumschulenweger Turmspitzen

Wenn Sie die Türme der Baumschulenweger Kirche hochschauen, sehen Sie, was deren Hauben aufgesetzt ist: Kreuz und Hahn.
Hoch über unsern Blicken, beachte ich sie nur, wenn ich extra hochschaue.
Eigenartige Symbole. Zwiespältige Symbole.
Zwischen Himmel und Erde.
Was zeigen sie an? –

Das Kreuz
Zeichen, was uns miteinander und zwischen Gott und Menschen verbindet. –

Vielleicht haben viele von uns das Gefühl, gut mit der Welt vernetzt zu sein – durch die Arbeit, durch Film und Fernsehen oder eingeschaltet in das weltweite Netz. In anderer Hinsicht müssen wir auf uns und die Unsren achten, sonst wird alles zu viel.

Das Kreuz funkt uns die Frage:
Wie verbunden lebt ihr mit dem, der euch ins Leben rief und der am Ende euer Leben einsammeln will?
Der unser Leben will und unser Leben einbirgt: Wir rufen ihn „Gott“.
Der hat sich selbst auch mal mitten auf den Platz gestellt, wo es zwischen Menschen verquer und überkreuz läuft. Da wird Lebenskraft entzogen, da geißeln und verhöhnen sich Menschen, verraten oder verderben sich. Jesus Christus hat das alles auf sich gezogen. Und dann hat Gott gesagt:

„Ich will solche Lebensgifte alle von euch abziehen. Ich verurteile sie mit der Kreuzigung von Jesus: sie seien nichtig!“
Dafür steht das Kreuz.

Geh ich in die Baumschulenweger Kirche rein, sehe ich geradewegs auf ein Bild von Menschen, die am Kreuz hängen.
Wenn ich weiß, dass das Jesus trifft, dann sag ich mir: Ausgerechnet ihn! Warum gerade so einen liebevollen, liebenswürdigen Menschen? Was sind das für verrückte Menschen, die so was anrichten! – Und ich denke mir: der hat wirklich auch alles erlebt. Der kennt all den Kummer. Mehr noch: Was der abkriegt, das schreit doch nach Vergeltung! Aber der steckt das weg. Auch wenn er ächzt und schreit. Ja, es ist ein Schrei nach Gott: Versöhne du, womit wir Menschen uns nicht aussöhnen können.

Ja, das denk ich so, wenn ich ihn da gekreuzigt sehe.
Und dann seh ich das Kreuz ohne den Jesus dran.
Dann denk ich: Du hast‘s geschafft. Da war wohl Gott im Spiel. Ja, so glaub und hoffe ich: am Ende triumphieren nicht die Todesmächte, die Leben zerstören; am Ende kommt doch Gott und holt uns in sein Licht! – Und jetzt gehst Du in mir mit und in meiner Nachbarin. Und du sagst uns:

„Ich lebe in dir. Lebe damit. Am Ende holt dich doch Gott in seinen Himmel.“

Der Hahn
Vielleicht denken Sie an Hahnenkämpfe. An Männer, die auf einem Hühnerhof sich als Hahn im Korb aufführen, – stolz und bissig – rangeln.

Aus der Geschichte von Jesus kam ein anderer Hahn in die Kirchen: Da hat Jesus – seinen Tod vor Augen – einen seiner Freunde noch mal ins Gebet genommen. Der hatte geschworen, er werde für Jesus, den größten aller Propheten, zum Schwert greifen. Jesus sagte ruhig: lass sein; noch bevor der Hahn kräht, wirst du verraten haben, wofür ich mit Hingabe lebe; aber ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre. So kam es: Petrus versuchte sich durchzuwurschteln und tat so, als habe er nichts mit diesem sanftmütigen hingebungsvollen Jesus zu tun. Hinterher schämte er sich: „jetzt habe ich mir alles verbaut“. Aber Jesus gab ihm eine neue Chance, nicht immer bestraft von dem alten Fehler. Wenn nun der Hahn krähte, dann weckt er zum Tag wie zu einem Geschenk.
Wenn unser Vertrauen zur Liebe Gottes wieder kommt, dann ist Ostern. Dann atmen wir auf. Weil wir glauben: Gott nagelt uns nicht darauf fest, wo wir versagten.
Aber seid wach, wie vom Hahn geweckt:
Nehmt wach wahr, wo ihr für jemanden was tun könnt, der euch braucht.
Nehmt wach wahr, was für einen Tag Gott euch mit dem Morgen schenkt.
Und wenn alles mit dem Tod hier zu Ende ist – Gott hält noch ein ganz anderes Morgen für uns bereit!
Der Hahn kündet den neuen Tag. Er kündet: es wird Licht, das Dunkel wird überwunden.
Auf dem Kirchturm steht der Hahn auch dafür: Jesus Christus kündet uns noch eine andere Zeit – gute Zeit von Gott.
Der Hahn dreht sich mit dem Wind. Seinen Kopf richtet er dem Wind entgegen. Der Hahn auf einer Kirche: In der Reformationszeit setzten Bauern ihren Unterdrückern einen roten Hahn aufs Dach, als Protest.