Im Oktober war es so weit, dass sich 13 Jugendliche und drei Lehrerinnen aus der Sulam Tsor Schule in Nordisrael auf den Weg hierher nach Berlin machten, um mit 13 Jugendlichen aus unserem Kirchenkreis eine intensive Zeit zu erleben. Der Austausch startete hier in Deutschland nach einem kurzen Kennenlernen mit dem Aufenthalt in den Gastfamilien. Jemanden fast Fremden bei sich aufzunehmen, der/die die eigene Sprache nicht kennt und den/die man selbst nur im Vorfeld kurz angeschrieben hat, ist immer wieder eine Herausforderung. Aber dieses Mal hat es bei unserer Vorauswahl der Gastpartner gut gepasst. Alle fühlten sich wohl und haben schnell eine gute Verbindung zueinander aufgebaut. Beim gemeinsamen Klettern im „Bergwerk“ war schnell klar, es passt! So gut, dass die Jugendlichen es kaum abwarten konnten, sich allein und in kleineren Gruppen mit ihren neuen israelischen Freunden in Berlin umzuschauen.
Aber nicht nur die Erfahrungen in der Gastfamilie standen hier auf dem Programm. Die Villa Wannsee, Sachsenhausen, das jüdische Viertel in Mitte und die Mauergedenkstätte mit der Kapelle der Versöhnung gehörten zu den „Must see“. So hatten wir acht Tage, in denen sich gemeinsame Erlebnisse und historisch bedeutende Orte gut abwechselten. Das Highlight zum Abschluss war der gemeinsame Besuch der Show „Arise“ im Friedrichstadtpalast.
Nach einer Woche Pause und wenig Zeit, um den Rückbesuch zu organisieren, ging es dann schon mit unseren 13 Jugendlichen auf nach Israel. Wir waren zunächst in Bethlehem (Palästina) untergebracht. Von hier aus haben wir uns die christlich bedeutenden Orte, aber auch eine andere Seite von Israel angeschaut. Hautnah konnten wir die Siedlungspolitik und die Mauer sehen und auch die Armut, die in Palästina herrscht. Aber auch zukunftsweisende Projekte, wie die Sprachschule Bilingual und die Gastfreundlichkeit. Durch unsere deutschsprachige Reiseführung Khadra konnten wir uns alle sicher und aufgehoben fühlen. Herodium, Bethlehem Geburtskirche, Jericho, Taufstelle Jesu am Jordan, Baden im Toten Meer und Jerusalem in den ersten vier Tagen. So viele neue Eindrücke, Geschmäcker, Gerüche, so viel zu hören und zu verarbeiten, überforderte so manchen. Abends fielen wir erschöpft in unsere Betten und schliefen kurz, bis der Wecker uns früh aus den Träumen riss.
Unsere zweite Etappe in Israel führte uns an den See Genezareth und in die Golan Höhen. Unsere Busfahrt ließ noch einen Stopp in Nazareth zu. Hier an der Stelle, wo Jesus mit Maria und Josef seine Kindheit verbrachte, steht heute eine beeindruckende Basilika mit hunderten Marienikonen aus aller Welt. Auch Josef wird hier in Gedenken gehalten. In Magdala hatten wir Gelegenheit, Jesus und die Jünger ein bisschen genauer zu beleuchten. Die Nacht verbrachten wir alle gemeinsam in einem großen Zelt. Es gab leckeres Essen und „Werwolf“ spielen am Lagerfeuer. Die Golan Höhen sind ein militärisch strategisch wichtiger Punkt für die Israelis. Das wurde uns am nächsten Tag noch einmal so richtig bewusst, als wir auf dem höchsten Punkt der Bergkette standen und die alten Militäranlagen mit dem Blick auf die syrische Grenze sahen.
Nach einem Mittagessen bei den Drusen, einer arabischsprachigen Religionsminderheit, und deren Geschichte, ging es dann in den Kibbuz Rosh Hanikra. Dort trafen wir alle unsere israelischen AustauschpartnerInnen wieder und feierten das Wiedersehen. Nach einem Besuch in einem deutschen Gästehaus und Seniorenheim für Holocaustüberlebende, welches nur durch Volontäre betrieben wird und einem tollen Workshop im Ghetto Fighter Museum, ging es dann in die israelischen Gastfamilien. Auch hier durften die Jugendlichen ihr eigenes Programm gestalten. Natürlich lockte das Mittelmeer, welches direkt vor der Haustür liegt, zum Baden. Aber auch die Grotten von Rosh Hanikra und andere Highlights, wie der Besuch einer Schokoladenfabrik oder eines Fußballspiels, konnten die deutschen Jugendlichen in ihren Gastfamilien miterleben. Die Jugendlichen verstanden sich mittlerweile so gut untereinander, dass sie sich sogar ohne uns Erwachsene am Freitagabend zu einer BBQ-Party bei einer Gastschülerin trafen!
Noch zwei Nächte verbrachten wir dann gemeinsam im Kibbuz in Rosh Hanikra. Gemeinsam schauten wir uns Akko an, die berühmte Kreuzfahrerstadt, und Haifa mit den Templersiedlungen. Ein Besuch der Schule in Sulam Tsor und eine kleine Wanderung im Naturreservat durften auch nicht fehlen. Das Abschiednehmen von
unseren neu gewonnenen israelischen Freunden fiel allen nach einer so langen, intensiven Zeit sehr schwer. Also versuchten wir den Abschied mit einem gemeinsamen letzten Essen und Spiel und Tanz so angenehm wie möglich werden zu lassen. Trotzdem flossen Tränen. Mit der Hoffnung, dass man sich irgendwann mal wiedersieht.
Manche der israelischen Jugendlichen konnten sich trotz langer Abschiedsszenen am Abend immer noch nicht von uns losreißen und begleiteten uns bis nach Tel Aviv, unserer letzten Station vorm Heimflug nach Deutschland. Am Wahltag waren alle Schulen geschlossen und die öffentlichen Transportmittel kostenlos. Dementsprechend freuten wir uns über die ortskundige Reisebegleitung, die uns durch die vollen Züge sicher ins Hostel und über die Flohmärkte brachte. Unsere letzte Nacht verbrachten wir in der modernen und globalen City Tel Aviv. Eine Metropole mit Hochhäusern, Bars, Cafés und Malls. Wieder eine völlig neue Welt. Und uns Berlinern nicht ganz so fremd!
Wir hatten am Abreisetag noch Zeit, uns am Vormittag bei einem Spaziergang durch Jaffa und entlang des Independence Trails von Israel zu verabschieden, bevor es mit den vollen Koffern und durch schier niemals endende Sicherheitskontrollen und Befragungen wieder zurück nach Deutschland ging.
Zurück bleiben viele schöne Erinnerungen, neue Freundschaften und Eindrücke, die uns auf unserem Lebensweg begleiten und uns vielleicht zu Friedensbotschaftern im Kleinen und im Großen für die Zukunft machen werden! Denn Frieden fängt immer bei uns selbst an!
Mandy Endter, Gemeindepädagogin
Oberspree-West