Die Evangelische Kirche Johannisthal – von der Schule ins Ausflugslokal

Im Jahre 1753 übernahm der Kammerrat Johann Wilhelm Werner als erster Gutsbesitzer durch einen Erbzinsvertrag einen Teil der königlichen Marstallwiesen bei Rudow von König Friedrich II. und gilt damit als Gründer Johannisthals. Leider gab es trotz der vielen Paragrafen des Vertrages keine klare Regelung der Kirchen- und Schulverhältnisse. Die Einwohner Johannisthals gingen überwiegend in Rudow zur Kirche, waren dort aber nach geltenden Bestimmungen nicht eingemeindet. Darüber gab es jahrelange Auseinandersetzungen, die auch mit der 1802 erfolgten ausdrücklichen Einpfarrung nach Rudow und demnach in den Amtsbezirk des Rudower Geistlichen, noch immer nicht beendet waren. Ein klares Bild der damaligen Verhältnisse lässt sich wohl nur noch schwer rekonstruieren.

Der erste evangelische Gottesdienst in Johannisthal wurde am 25. Dezember 1885 in einer Schulstube der neu erbauten, eigenständigen Gemeindeschule von Johannisthal gefeiert. Sie steht, wenn auch in veränderter Form, noch heute an der Ecke Winckelmannstraße / Haeckelstraße und beherbergt aktuell das Jugendfreizeitzentrum „JuJo“. Da der Rudower Pfarrer Ulrich nun für die Gesamtparochie zuständig war, also auch für Schönefeld und Johannisthal, konnten jedoch nur selten und unregelmäßig Gottesdienste stattfinden.

Die Schule bekam 1897 einen Erweiterungsanbau mit einer Aula, an dessen Finanzierung sich die Kirchengemeinde beteiligte. Am 14. März 1897 wurde die Aula mit einem Festgottesdienst für kirchliche Zwecke eingeweiht. Etwa einen Monat später kam es dann endlich zur Bildung einer selbständigen Kirchengemeinde. Auch wenn die Johannisthaler Kirchengemeinde im September 1897 offiziell ausgepfarrt wurde, gehörte sie weiterhin pfarramtlich zu Rudow – was auch wieder die alten Konflikte aufs Tableau hob. Auch an der unzureichenden geistlichen Versorgung der Johannisthaler Gemeinde änderte sich leider nichts. Es gab keine zusätzliche Pfarrstelle in Rudow und eine eigene für Johannisthal wurde erst einmal nicht errichtet. Schließlich wurden die Johannisthaler zwischen 1911 und 1915 durch Hilfspfarrer betreut, deren Besoldung der landeskirchliche Hilfsgeistlichenfonds übernahm.

Und dann endlich: Am 1. April 1915 trat die Parochialregulierungsurkunde für die Kirchengemeinde Johannisthal in Kraft und es wurden somit die erste eigene Pfarrstelle und ein Pfarramt geschaffen.

Am 10. Oktober 1915 wurde Pfarrer Carl Meyer aus Schönefeld in sein Amt eingeführt. Er begann mit den Bemühungen um eine eigene Kirche und stieß bei seiner Suche auf das ehemalige Kurhaus mit dazugehörigem Kurgarten. Das hatte seit seiner Errichtung 1880 eine wechselvolle Geschichte: Zunächst wurde es zu einem Ausflugslokal mit Tanzsaal namens „Kaiser-Wilhelm-Garten“, in dem vorrangig Offiziere und die gehobenen Kreise der Gesellschaft verkehrten. Im Ersten Weltkrieg waren hier Marineflieger untergebracht, denen der Saal wohl als Kasino diente. 1919 wurde aus dem großen Saal ein Lichtspieltheater, das sich jedoch nicht rentierte.

Ein Jahr später erwarb die Evangelische Kirchengemeinde das parkähnliche Gelände mit Kurhaus, Garten, Musikpavillon und vorgelagerten Veranden. Nun begann die Umgestaltung zur Kirchenanlage. Der große Saal wurde zum Kirchsaal, das feste Klappgestühl des Kinos zum Kirchengestühl, auf der ehemaligen Bühne entstand die Orgelempore, darunter befand sich der Altar mit einem großen Kruzifix. Links vom Altar gab es eine freistehende Kanzel. Rechts vom Altar befand sich das Taufbecken. Darüber stand in einer Ecke die Figur eines Kindes mit der segnenden rechten Hand und einem Kreuz in der linken Hand. Sie stellt den 12jährigen Jesus dar und war ein Geschenk aus Oberammergau an den amtierenden Pfarrer Meyer. Heute steht diese Figur wieder in ebenjener Ecke der Kirche. Das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes wurde durch einen neoklassizistischen Giebel aufgewertet. Das Kreuz stammt aus der Klosterkirche Lehnin und stand ursprünglich auf dem Giebeldach des Hauses, später wurde es aus Sicherheitsgründen an der Giebelwand angebracht. Der aus einem Stahlgestell bestehende Glockenturm wurde 1930 auf dem Kirchengelände aufgestellt.

Im Dezember 1943 wurde die Kirche durch Bombeneinwirkung stark beschädigt. Der traurige Zustand im Jahr 1945 sah dann so aus: der Dachstuhl war zusammengebrochen, die Wände stark beschädigt. Das große Altarkruzifix und sämtliche Türen und Fenster waren zerstört und die Orgel von der russischen Besatzung zerschlagen worden. Es folgte der Wiederaufbau der Kirche und die Reparatur des charakteristischen Glockenturmes, so dass am 9. April 1951 die Einweihung der wiederhergestellten Kirche erfolgen konnte.

Jeannette Hoffmann

Quellen und weiterführende Literatur:

Förderverein für das Heimatmuseum Treptow e.V. (Hrsg.): Johannisthal in Berlin, 3., unveränderte Auflage, Berlin: Mercedes-Druck 2009

Goetz, Christine; Hoffmann-Tauschwitz, Matthias (Hrsg.): Kirchen – Berlin Potsdam, Berlin: Morus Verlag [u.a.] 2003

Kauther, Alexander: Bevölkerungsentwicklung in Berlin-Johannisthal ab 1753, Berlin: CSV Service-Vertrieb-Kopieren GmbH 2014 (Reihe: Ortsgeschichte / Freundeskreis Heimatgeschichte Treptow; 8)

Mönch, Lars: „Wie aus einem Lokal eine Kirche wurde“, online: www.ev-kirche-johannisthal.de/wie-aus-einem-lokal-eine-kirche-wurde