Fast zwanzig Frauen und Männer aus unserer Gemeinde wollten an diesem Wochenende (am 4. bis 6. April 2014) mehr erfahren – miteinander und von Gottes Schöpfung.
Mit der Erfahrung von Cottbus. Dazu hieß es auf der Fahrt für manche erstmal Anstehen im Berliner Berufsverkehr oder auf der Autobahn Im-Stau-Stehen wegen eines Unfalls. Umso schöner war es, endlich zusammenzukommen.
Wunderbar, dass Herr Kähler den sehr bewegenden Film „Labyrinth der Wörter“ im Gepäck hatte, den wir als Einstieg in das gemeinsame Wochenende am Freitagabend anschauten.
Am Samstagmorgen ging es an die gut zweistündige Bibelarbeit bis zum Mittagessen. In der ersten Phase haben sich alle mit einer Art Mindmap zum Begriff „Schöpfung“ in das Thema hineingedacht. Die Ergebnisse waren wahrlich sehr unterschiedlich! In der anschließenden Betrachtung unserer Einfälle und Stichworte erarbeitete Herr Kähler mit uns Aspekte zur Schöpfung:
Die Schöpfung ist Alles, das gesamte Universum, die lebendige und die nicht lebendige Natur. Gott ist der Ursprung allen Seins. Er hat Alles erschaffen.
Auch die 2. Phase am Morgen begann mit einer kurzen Gruppenarbeit, von der ausgehend Herr Kähler mit uns vieles entwickelte bzw. vortrug. Ich möchte dazu Folgendes zusammenfassen: Schöpfung ist keine Zustandsbeschreibung, sondern ein Prozess, der weiterhin andauert.
Wenn Gott der Ursprung der Schöpfung ist, wenn er alles Sein erschaffen hat, dann hat diese Welt auch einen Sinn. Es gibt Einen, der uns durchträgt. Wir sind getragen durch Ihn. Also dürfen wir Hoffnung haben, auch wenn uns vieles sehr dunkel erscheint. Das Böse hat keine endgültige Macht.
Gott und das, was er erschaffen hat, die Schöpfung, sind sich ein Gegenüber. Gott ist also auch für uns ein Gegenüber, das wir anrufen dürfen, das wir auch bitten dürfen und sogar müssen: „Es will erbeten sein“ wird in einem Paul Gerhard-Lied gesungen. Am Ende unserer Zeit müssen wir Rechenschaft abgeben über unser Tun; denn Gott hat uns die Erde anvertraut.
Gott hat uns einen Anfang und ein Ende gegeben in Raum und Zeit.
Immer wieder haben wir das Wunderbare in der Schöpfung hervorgehoben, die Freude darüber und die Dankbarkeit, die aus ihr erwächst. Unsere Dankbarkeit führt uns zum ethischen Handeln. Wir dürfen uns seines Segens auf unseren Wegen gewiss sein.
In der Mittagspause erwartete uns im großen Esssaal ein langer, frühlingshaft freundlich gedeckter Tisch. Der weite Ausblick auf die blühenden Obstbäume im Garten des St. Johanneshauses tat das Seinige, dass das gute Essen noch schmackhafter wurde und Allen gut mundete.
Hier möchte ich kurz erwähnen, dass das Haus insgesamt eine sehr gute Stätte für unser Wochenende war: Einzelzimmer für die, die es wollten, ein großer Gruppenraum für unsere Arbeit und eine kleine Kapelle für die Andacht, Alles licht und schön und sauber.
Nach dem Mittagessen, bei recht frischem Wind, die Sonne trat nur gelegentlich hervor, führte Herr Kähler uns durch Cottbus und zeigte uns einige Highlights der Stadt.
Cottbus hat seinen Ursprung in slawischen Siedlungen auf der Westseite der Spree, die man bis ins achte Jahrhundert zurückverfolgen kann. Die zweisprachigen Straßenschilder (deutsch und sorbisch) zeigen ganz deutlich, dass die Cottbuser ihre Geschichte pflegen. Der mittelalterliche Schlossturm steht auf dem Schlossberg, auf dem sich einst die größte slawische Burg der Niederlausitz befand. Wir gingen durch die Karl-Liebknecht-Straße an herrlichen, sehr individuell gestalteten Jugendstilhäusern vorbei. Durch die aufstrebende Textilindustrie am Ende des 19. Jahrhunderts konnten sich die Städter solch eine aufwändige Bauweise leisten. Auch das große Theater in der Bahnhofstraße und vor Allem das berühmte WELTSPIEGEL Filmtheater, beide in wunderschönem Jugendstil errichtet, bezeugen die aufstrebende Stadt zu jener Zeit.
Von der 1200 m langen Wehranlage zeigte uns Herr Kähler den südlichen Stadtturm (Spremberger Turm) aus dem 13. Jahrhundert. Es ist ihr ältester Turm, früher genutzt als Münzturm, wo der Cottbuser Heller mit dem Krebs als Wappentier wohl schon im 15. Jahrhundert geprägt wurde. Von dort ging es Richtung Altem Marktplatz durch die Spremberger Straße, heute Fußgängerzone, zur Schlosskirche, eine von den Hugenotten für ihre französisch reformierte Gemeinde auf altem Kirchengrund erbaute Kirche. Sie wurde 1714 eingeweiht.
Der Altmarkt, früher ein bedeutender Kreuzungspunkt dreier alter Handelsrouten, wird gesäumt von wiederhergestellten barocken und klassizistischen Häuserfronten. Die Häuserteile dahinter sind innen modern, sodass sie auch heute bewohnbar sind. Große Teile von Cottbus, die Stadt hatte viel für den Krieg produziert, sind nämlich im zweiten Weltkrieg bombardiert worden.
Unser Rundgang führte uns weiter zur Klosterkirche, die zum einstigen, nicht mehr vorhandenen Franziskanerkloster gehörte. Das Kloster wurde 1537 mit der Reformation in Cottbus aufgelöst. Sie ist die älteste Cottbuser Kirche und wird auch „Wendische Kirche“ genannt, weil sie ehemals für die wendische Landbevölkerung und damit für das dienende Volk zuständig war. Wir konnten nicht hineingehen und leider auch die Sauer-Orgel nicht hören. An der evangelischen Oberkirche St. Nikolai, die damals der deutschen Bevölkerung vorbehalten war, endete unser Rundgang. Wir betraten sie nicht; denn morgen, am Sonntag wollten, wir dort am Gottesdienst teilnehmen.
Nach dieser reichhaltigen Führung tat ein Kaffee gut!
Am späteren Nachmittag haben wir uns den Psalm 104 angeschaut. Darin wird das, was wir uns zu unserem Thema „Schöpfung“ schon vergegenwärtigt hatten, in einer Dichtung dargebracht.
Gottes Erschaffung des festen Bodens und seine Zusage, dass Er auf ewig den Wassern eine Grenze gesetzt hat, hat uns noch einmal sehr beschäftigt; ebenso Gottes Atem, ohne den wir nicht leben können. Und die flehende Bitte an Gott „halte durch“ war Anlass zu einer sehr kritischen Diskussion. Dürfen wir Gott so ansprechen? Ja, hier schwingen unsere Zweifel mit, unser Ringen um den Glauben.
Das schmackhafte Abendbrot nahmen wir wieder am freundlich gedeckten Tisch ein. Anschließend wartete ein bunter Abend auf uns, den Sabine Schulze in bewährter Art liebevoll und strukturgebend vorbereitet hatte. Sprichwörter durften wir zum Raten präsentieren, auch Blumennamen waren zu erschließen. Und natürlich hat Sabine Schulze ihr Akkordeon zu den Liedern erklingen lassen, selbst für unseren Gaumen hatte sie noch Kleinigkeiten in gebastelten Körbchen bereitgestellt.
Der Tag hatte mit einer Andacht begonnen. Eine Andacht beschloss den gemeinsamen Abend.
Am Sonntagmorgen besuchten wir den Gottesdienst in der Oberkirche. Da erkannten viele Pfarrer Kähler wieder, der bis 1990 in einem Stadtteil von Cottbus und in der Studentengemeinde tätig war. Offensichtlich bewegte das die Pfarrerin so sehr, dass sie ihn vor der Gemeinde herzlich begrüßte.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen und einer kleinen Abschiedsrunde ging es an die Heimfahrt.
Unsere gemeinsame Zeit war eine gute Zeit. Pfarrer Kähler hat wieder sein immenses Wissen mit großem Bedacht vor uns ausgebreitet. Auch war oft Gelegenheit, sich mit eigenen Fragen und Gedanken persönlich einzubringen. Die Gruppe ist so wohltuend, weil jeder in seiner Art respektiert und aufgenommen wird, sodass wir nur sagen können:
Es lohnt sich, so ein Wochenende mitzuerleben!
Ingrid Schultz und Christine Krausmann