Es war schön

Frohgemut bestiegen 47 Gemeindeglieder am siebenten Mai 2013, einem schönen Frühlingstag, einen Bus, um einen Ausflug ins Niederlausitzer Braunkohlerevier zu unternehmen. Während der Fahrt, vorbei an blühenden Rapsfeldern und in frischem Grün leuchtenden Bäumen und Wiesen, führte uns Herr Pfarrer Kähler in die bewegte Geschichte der ostelbischen Gebiete Deutschlands ein. Wir hörten von Kaiser Otto I., der das Heilige Römische Reich deutscher Nation Richtung Osten auf die Gebiete der Wenden ausdehnte und zur Stabilisierung seiner Ansprüche die Bistümer Magdeburg, Merseburg, Zeitz und Meißen gründete. Seinerzeit war Kaiser Otto I. der mächtigste Herrscher Mitteleuropas. 912 n. Chr. in Memmingen geboren, verstarb er am selben Ort 973 n. Chr. Das Herz Otto I. wurde nach damaliger Sitte am Sterbeort beigesetzt. Sein Körper fand die letzte Ruhe neben seiner 1. Frau Editha im Dom zu Magdeburg.

Wir erreichten Forst, eine Grenzstadt zu Polen an der Neiße, die durch den Krieg zu 80% zerstört wurde. Die Spuren sind heute leider noch sichtbar. Am östlichen Ortsrand von Forst liegt unser erstes Ziel, das Dörfchen Neu-Horno mit 210 Einwohnern. Hier wurden wir vor der neuen kleinen Kirche von Herrn Pfr. Kschenka u. der Museumsleiterin gegen 10:00 Uhr freundlich begrüßt. Wir gingen hinein u. eröffneten den Aufenthalt mit dem Lied: „Geh‘ aus mein Herz u. suche Freud…“, die wir an diesem Tag wirklich gefunden und erlebt haben! Pfarrer Kschenka gab uns Informationen über den vor ca. zehn Jahren neu gegründeten Umsiedlungsort für die ehemaligen Einwohner von Horno. Ihr Heimatort lag im Braunkohlerevier in der Niederlausitz und fiel – wie ungefähr 130 Orte auch – dem Abbau der Braunkohle zum Opfer. Längst nicht alle Betroffenen der anderen abgebaggerten Orte fanden ein so gutes Äquivalent als neuen Wohnsitz. In Neu-Horno wurde für jede Familie, die dort ansässig werden wollte (70 %), ein neues Haus gebaut. Sie sehen sehr uniform aus, aber die Dorfgemeinde lebt weiterhin zusammen. Selbst die Grabsteine wurden umgesetzt  u. haben auf dem Friedhof ein abgeteiltes Areal. Ein kurzer Spaziergang führte uns dorthin. Zwei Ausstellungen konnten wir besichtigen. „Das Archiv verschwundener Orte“. Es ist in einer Mehrzweck-Museumsscheune untergebracht. Im Mittelpunkt des Raumes liegt ein begehbarer Karten-Teppich des Lausitzer Braunkohlereviers und der Orte, die den Bergbau ganz oder teilweise weichen mussten. Auf Knopfdruck kann man sie virtuell neu entstehen lassen. Der Teppich dokumentiert die Geschichte dieser Dörfer, versucht eine Annäherung an die Schicksale ihrer deutschen u. sorbischen Bewohner, an Erfahrungen von tragischem Verlust u. Neubeginn, darzustellen. Im Obergeschoß der Kirche sind 27 Modelle der abgebaggerten Kirchen aus Holz im Maßstab 1:100 aufgestellt, die exakt nachgebaut wurden. Man mag sich gar nicht vorstellen, dass sie alle vernichtet wurden. Mit einer kurzen Andacht in der Kirche nahmen wir Abschied von Neu-Horno und fuhren durch blühende Wiesen zurück nach Forst in den Rosengarten.

Hier wurden wir in dem geräumigen Gartenrestaurant „Rosenflair“ zum Mittagessen erwartet, worauf alle großen Appetit hatten. Dann teilten wir uns in zwei Gruppen und wurden durch die weiträumigen Park- und Gartenanlagen entlang der Neiße geführt. Überall wurde nach dem langen Winter fleißig gearbeitet, denn in diesem Jahr feiert man ab Juni das 100 jährige Bestehen des Ostdeutschen Rosengartens unter dem Motto: „Rosenträume an der Neiße“. Dazu ist noch viel zu pflanzen und zu bauen. Zehntausende Rosenstöcke in ca. 900 Sorten sollen blühen und der Öffentlichkeit Neuheiten namhafter deutscher Rosenzüchter präsentieren. Die Besucher sollen sich außerdem an den gepflegten Pergolenhöfen, romantischen Wasserspielen, kunstvollen Skulpturen und Ausstellungen erfreuen. Wir konnten leider nur die ersten zarten Rosenblätter wahrnehmen, aber sind durch die Farbenpracht der vielfältigen Frühlingsblumen und besonders der zahlreichen Tulpen entschädigt worden. Es war ein wunderschöner Spaziergang durch das gesamte Areal.

Nun hatten wir noch genügend Zeit zum Ausruhen im Restaurant bei Kaffee und köstlichem Kuchen.

Den Abschluss der Führung durch Herrn Pf. Kschenka bildete der Blick auf ein Braunkohletagebau und Erläuterungen zum Vorkommen und Abbau der Braunkohle u. die damit verbundenen Probleme im Revier der Niederlausitz.

Der Abbau der Braunkohle bedeutet, dass Dörfer verschwinden und damit Orte, in denen Menschen sich zuhause fühlen. Er zerstört ganze Landschaften. Die Rekultivierung ist sehr aufwendig und dauert Jahrzehnte. Damit wurde uns eindrücklich das Problem vor Augen geführt, welchen großen und vielfältigen Preis es hat, wenn Energie auf diese Weise erzeugt wird.

Mit vielen neuen Eindrücken und Erkenntnissen wurde die Heimreise angetreten. Durch gemeinsames Singen von Volksliedern verkürzten wir uns die Fahrt. Müde und zufrieden verließen wir den Bus, nicht ohne dem Fahrer zu danken. Besonderen Dank aber gilt den beiden Organisatoren der Fahrt, Herrn Bauer und Herrn Pfarrer Kähler!

L. Simmer, I. Werner