Eines der rätselvollsten, unvollendeten und gleichzeitig großartigsten Werke der Musikgeschichte ist das Requiem von Wolfgang Amadeus Mozart.
Es ist sein letztes Werk. Er muss gespürt haben, dass er selbst dieses grandiose Werk nicht mehr vollenden kann. Er hat, wie sonst nie, die Musik mit ausgewählten Schülern besprochen und Skizzen zu den einzelnen Sätzen hinterlassen. So konnte dieses Requiem nach Mozarts Vorstellungen von seinem Schüler F. X. Süßmayr vollendet werden. Mozart stirbt, seine Schrift bricht ab im 8. Takt des „Lacrimosa“ („Tränenvollster aller Tage“).
Man spürt durch diese Musik die Angst und gleichzeitig die Zuversicht auf das Kommende. Wir haben es hier mit dem vielleicht persönlichsten Werk eines Komponisten überhaupt zu tun. Voller schönster Melodien, voller grösster Dramatik, voller Inbrunst – ein Wechselbad der Gefühle.
Mozart hätte sicher ein längeres Werk geschaffen. Süßmayr hat sich akribisch an Mozarts Notizen und Absprachen gehalten. Und das war gut so. Allerdings dauert das Requiem dadurch nur ca. 45 Minuten.
„Dies irae“ („Tag des Zornes, Tag der Klage“) – das Jüngste Gericht ist das Thema jeden Requiems – Johann Sebastian Bach hat uns kein Requiem hinterlassen, sehr wohl aber Kantaten
zu diesem Thema. So hören wir zu Beginn dieses Konzertes die Kantate BWV 70 „Wachet! betet! betet! wachet!
Eindrücklich wird uns vor Augen und Ohren geführt, dass wir immer auf das Ende gefasst sein sollen, um so unser Leben lebenswert zu gestalten. Es ist eine gleichsam dramatische wie fröhliche Musik. Bach hat diese Kantate schon in Weimar geschrieben, und da er sie selbst besonders gut fand, hat er sie für den Festgottesdienst am 26. Sonntag nach Trinitatis 1723 in Leipzig erweitert. Virtuosität verlangt Bach hier sowohl vom Chor als auch von den Solisten. Und mitten in ein hochdramatisches Rezitativ lässt Bach die Trompete erschallen mit Luthers „Dies irae“-Lied: “Es ist gewisslich an der Zeit, dass Gottes Sohn wird kommen“. Wie im Mozart-Requiem wechseln sich auch hier hochdramatische Elemente mit schönster Innigkeit ab.
Beide Werke helfen uns am Ewigkeitssonntag, auch Totensonntag genannt, an uns, an Vergangenes und auch Zukünftiges zu denken und zur Ruhe zu kommen.
Wir laden ganz besonders herzlich dazu ein!
Ihr Martin Fehlandt