Endlich war es wieder so weit. Am 31. Mai starteten Gemeindeglieder aus Baumschulenweg und Johannisthal zur erlebnisreichen Busfahrt in die wunderschöne Stadt Havelberg in der Prignitz. Zunächst etwas schleppend, später sehr zügig, fuhren wir in Richtung Staaken. Dabei ging es an den zerfallenen, unter Denkmalschutz stehenden Unterkünften des Olympischen Dorfes von 1936 vorbei , an Ribbeck mit der Erinnerung an Herrn von Ribbeck und seinem Birnbaum und an Stölln, dem Ort, an dem Otto Lilienthal 1896 bei einem Flugversuch abstürzte und an seinen Verletzungen starb. Piloten setzten mit einer IL62 1990 ihrem „Kollegen“ an der Absturzstelle ein bleibendes Denkmal. Herr Kähler erzählte uns von dem nahe gelegenen Naturschutzgebiet am Gülper See, ein Paradies für Vogelkundler. Das biologische Institut Potsdam hat dort eine Dauerbeobachtungsstelle.
Die wunderschöne Landschaft Brandenburgs mit ihren Alleen begleiteten uns bis nach Havelberg. Schon von weitem begrüßte uns der alles überragende Dom und weckte unser Interesse.
Auf dem Vorplatz des Domes begrüßten uns überraschenderweise zwei Herren der Geschichte; Zar Peter I und der Soldatenkönig Fr. Wilhelm I, ein Hinweis auf ein diplomatisches Treffen von 1716. In der Probstei am Dom verhandelten beide Monarchen mit anderen Bündnispartnern im Zusammenhang mit dem Nordischen Krieg. Gastgeschenke waren im Austausch die langen Kerls und das Bernsteinzimmer. Der Zar nutzte auch den Aufenthalt in Havelberg, um seine Schiffbaukenntnisse zu erweitern.
Vor dem Dom erhielten wir kurze Informationen über die Stadt. Havelberg besteht aus drei Teilen der Altstadt auf der Havelinsel, dem hoch gelegenen Domgebiet und den Berggemeinden. Die Altstadt ist durch drei Brücken mit dem umgebenen Land verbunden. In früheren Zeiten gehörte die Insel brandenburgischen Landesherren. Das Domgebiet und die Berggemeinden waren dem Bischof unterstellt. 1876 erfolgte die Vereinigung der Gebiete.
Schon ca. 980 wurden die Burg, ein Burgort und eine Kirche erwähnt. Später, ca. 1100, entstanden um den Dom Klostergebäude, Häuser für Handwerker und Menschen, die der Kirche dienten. Da Havelberg von der Havel umflossen ist, nutzten schon in vorigen Jahrhunderten die Menschen Schifffahrtswege für den Frachtverkehr. Es entstanden Werften, auch die Fischerei wurde zum ergiebigen Wirtschaftszweig. Mehr über die Stadt zu erfahren war aus zeitlichen Gründen nicht möglich.
Nun ging es in den Dom, ein würdiger Ort für eine kurze Andacht. Der Dom wurde von 1150 bis 1170 als romanische Basilika erbaut. Nach dem Brand von 1279 erhielt sie eine gotische Apsis. Auf den schönen langgezogenen Fenstern ist der Lebensweg Jesu bildhaft dargestellt. Im südlichen Teil wurde die Klosteranlage errichtet, die aus drei Flügeln mit Kreuzgängen besteht. Verschiedene Epochen haben ihre Handschrift hinterlassen. So gibt es einen Renaissance-Taufstein und eine barocke Kanzel. Bemerkenswert ist der Lettner mit zwei seitlichen Chorschranken, die den für die Geistlichen bestimmten Chorraum vom Gemeinderaum abtrennten. Noch heute gehören die Klosteranlagen zu den wenigen vollständig erhaltenen Anlagen des Mittelalters in Norddeutschland.
Nach einem schmackhaften Mittagessen erwartete uns der nächste Höhepunkt des Tages, eine Fahrt auf der Havel.
Auf dem Weg zur Anlegestelle konnten wir einen Blick in die Laurentiuskirche, eine gotische Hallenkirche, werfen. Sie ist trotz vieler Brände in der Stadt aus dem Mittelalter erhalten geblieben.
Auf dem Schiff erwartete uns ein gedeckter Kaffeetisch. Aber der Sonnenschein lockte uns bald auf das Deck, von dem aus wir die reiche Flora und Fauna am Ufer bewunderten, z.B. Fischadler, Graugänse, Störche, Roter und Schwarzer Milan, Flussseeschwalben, Graureiher….Weiden und Erlen säumten das Ufer.
Viel zu schnell verging die Zeit. Doch wir mussten zurück; denn es erwartete uns der Pfarrer der Dorfkirche in Berlitt, ein kleiner Ort in der Prignitz, bekannt bei Pilgern, die auf ihrem Weg dort Station machen. Schon im Mittelalter führte der Pilgerweg über Havelberg nach Bad Wilsnack. Von den Erlösen, die die Pilger entrichteten, wurde der schon erwähnte Lettner im Havelberger Dom gebaut. 170 Jahre florierte das Geschäft mit den Pilgern, die u.a. von Flandern, Tschechien, Sachsen, Polen und selbst aus Skandinavien kamen.
Die Dorfkirche ist eine 500 Jahre alte Feldsteinkirche. Zwischen 1690 und 1700 wurden Elemente des Barock eingefügt: das heute noch erhaltene Gestühl und der Kanzelaltar. Bei Sanierungsarbeiten 2002 wurden überraschenderweise unter den baufälligen Deckenbalken 12 kreisrunde Medaillons entdeckt und bis 2012 restauriert. Heute können wir das barocke Engelorchester dort oben als besonderen Schmuck dieser Kirche bewundern. Vielleicht musiziert das Orchester für den Christus, der in einem weiteren Medaillon unmittelbar über dem Altar dargestellt ist. Diese kleine Feldsteinkirche bildete einen würdigen Rahmen für die Verabschiedung von Herrn Klötzsch, unserem langjährigen Hausmeister in Baumschulenweg.
Erfüllt mit vielen schönen und interessanten Erlebnissen traten wir unsere Heimreise an. Unsere Freude über diesen Tag kam in den Liedern zum Ausdruck, die wir gemeinsam sangen.
Wir danken allen, die uns diesen schönen Tag bereiteten, insbesondere unserem Pfarrer Kähler, Herrn Michael Wesseli, Herrn Wilfried Bauer und dem Busfahrer Werner.
Margrit Rudolph und Ingrid Schultz