Viele kennen ihn nicht mehr oder haben ihn auch nicht mehr kennengelernt. Wer erinnert sich noch an jenen fast 90-jährigen Mann, der ca. 25 Jahre lang als leitendes Mitglied unserer Johannisthaler Gemeinde unser Gemeindeleben weithin mitprägte, obwohl er auch schon zu DDR-Zeiten beruflich weit über die Grenzen der DDR hinaus seiner Forschungsarbeiten wegen gefragt war. Ich rede von Herrn Dr. Erhard Drachenberg.
Er besuchte uns während seiner langen Vakanzverwaltungsarbeit, die er für unsere Gemeinde hatte, Ende 1976 mit seiner Frau im Oderbruch und stellte uns die Johannisthaler Gemeinde vor. Im November 1977 begannen wir hier unseren Dienst und waren in den folgenden 20 Jahren eng mit ihm verbunden. Was er in dieser Zeit – insbesondere in den Jahren bis 1989/90 – neben seiner beruflichen Arbeit als Kunsthistoriker für unsere Kirchengemeinde getan hat, wissen nur noch wenige…
Ich erinnere hier nur an die Organisation und Durchführung von Studienfahrten in die Altmark, nach Erfurt, Halberstadt usw. Sein besonderes Interesse galt der mittelalterlichen Glasmalerei, die in der bisherigen Kunstgeschichte kaum berücksichtigt war. „Glasmalerei ist nicht Malen auf Glas, sondern Malen mit (sc. farbigem) Glas“ war seine ständige Faustregel, die er uns geradezu einhämmerte, wenn er uns Kirchen und Rathäuser mit mittelalterlichen Glasfenstern zeigte.
Bekannt wurde er noch einmal nach der Wende, weil er an der Rückführung der mittelalterlichen Glasfenster aus der Sowjetunion und ihrer fachgerechten Restaurierung in Deutschland maßgeblich beteiligt war, bevor diese Kostbarkeiten wieder ihren Platz in der Marienkirche zu Frankfurt/Oder erhielten.
Unsere Gemeinde verdankt ihm die Gründung und Leitung mehrerer Ausschüsse, die Verteilung der Aufgaben dorthin und später die Gründung unseres Vereins zur Erhaltung unseres Kirchsaals und des gesamten Ensembles, das z.T. unter Denkmalschutz steht. Vier Jahre lang leitete er den Verein, hat Mitglieder angeworben und Musiker gewinnen können, die ehrenamtlich in unserem Kirchsaal musizierten, bis er diese Arbeit dann in jüngere Hände legte.
Am Sonntag, den 17. Oktober wurde er heimgerufen und fand am Mittwoch, den dritten November seine letzte Ruhestätte. Wir haben ihm viel zu verdanken. Ich erinnere mich gerne an ihn mit dem Bibelwort: „Dienet einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat…“ (1 Petr 4,10).
Eberhardt Iskraut