1. Der Anlass und die Idee
In den Haushaltberatungen für das Jahr 2021 wurde deutlich, dass die finanziellen Mittel der Gemeinde sehr eng bemessen sind. Der Rat des Verwaltungsamtes: Entweder die Ausgabenseite kürzen, was hauptsächlich das Personal betreffen würde, oder die Einnahmeseite verbessern.
Dazu kam dann sehr energisch der Hinweis, dass wir in absehbarer Zeit uns mit der Sanierung des Wohnhauses Sterndamm 92 befassen müssen. Das hätte einen weiteren wirtschaftlichen Kraftakt zur Folge.
Eine Lösung, die wir sehen konnten, um die Gemeinde langfristig auf sichere Füße zu stellen: Auf unserem großen Grundstück bauen und mit möglichen Überschüssen aus Mieteinnahmen unsere Personalkosten, zum Beispiel für eine eigene Pfarrstelle, zu stützen.
Auf unserem Grundstück gibt es an der Straße und an der Brandwand des Nachblockes entlang mehr oder weniger ungenutzte, brachliegende Flächen, die sich für eine Bebauung anbieten. Wenn wir unser Grundstück als Stiftung der Generation von vor hundert Jahren für die Zukunft der Gemeinde in Johannisthal betrachten, ergibt sich daraus eigentlich eine Verpflichtung, dieses Stiftungsgut auch für den ursprünglichen Zweck zu nutzen. Andererseits ist ein Neubau auch eine Chance für die Gemeinde, bei der Behebung der Wohnungsnot in Berlin zu helfen. Diesen Beitrag zum öffentlichen Leben der Stadt können wir aber auch in unserem Sinne gestalten: Was bauen wir für wen? Auch mit den Entscheidungen, wen wir als Nutzer einladen, können wir Gemeinde bauen.
2. Machbarkeit
Die vom Gemeindekirchenrat in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie ist am 19. November der Gemeinde vorgestellt worden.
Im Ergebnis weist die Studie aus: Ein Neubau auf unserem Gelände ist wirtschaftlich sinnvoll und bau- und genehmigungstechnisch möglich.
- Die Nachbarbebauung lässt viergeschossiges Bauen zu.
- Die Umfeldanalyse lässt einen Bedarf erkennen.
- Die Wirtschaftlichkeit, das heißt Refinanzierbarkeit und dauerhaft zu erwartende Einnahmen, ist gesichert.
Ein Zeitplan könnte so aussehen:
- Januar 2022 Gemeindebeschluss zur Durchführung des Projektes
- 2022 Entwicklung der Konzeption bis 10/22
- 2023 Planung, Genehmigungen
- 2024/25 Bau Ende 2025 Fertigstellung, Übergabe, Inbetriebnahme
3. Grundsätzliches
Der Neubau darf für die Nutzung der Kirche und der Gemeinderäume, insbesondere aber unseres Kirchparks keine Einschränkung bedeuten. Im Gegenteil: Alle Entscheidungen in Zusammenhang mit dem Neubau sollen dazu dienen und dabei helfen, den einladenden Charakter unseres Geländes zu verstärken.
Dieser Grundsatz hat im Ergebnis des Workshops vom 19. und 20. November 2021 zur Folge, dass ein Neubau an der Straßenfront nicht die Sichtbarkeit der Kirche im hinteren Teil des Geländes verstellen darf. Deshalb kommt ein von der Brandwand bis zur Feuerwehreinfahrt durchgehender Riegel an der Straße entlang nicht in Frage. Es ergeben sich dann zwei Baukörper rechts und links eines neu zu schaffenden direkten Zugangs zum Portal der Kirche von der Straße aus.
Die Gespräche am 19. und 20. November haben den Verantwortlichen ein grundsätzliches Einverständnis mit einer Bebauung und Vermietung eines Teilareals des Kirchengeländes signalisiert, sofern dadurch Überschüsse für die Gemeinde zu erzielen und die Vermietungen mit dem Gemeindeleben vereinbar sind. Es besteht die Hoffnung, dass die Vermietungen sich positiv auf das Leben innerhalb und außerhalb unseres Grundstückes auswirkt.
Der Pavillon mit der gerade verbesserten Möglichkeit, Open-Air-Gottesdienste zu halten, soll erhalten bleiben, möglichst auch am jetzigen Standort.
4. Das alte Kurhauses Sterndamm 92
Die ersten Ideen für den Neubau setzten die Erhaltung des jetzt als Wohnhaus genutzten alten Kurhauses voraus. Genauere Analysen machten dann aber schnell deutlich, dass eine Sanierung und damit der langfristige Erhalt des alten Kurhauses Kosten verursachen würde, die sich nicht refinanzieren ließen. Aus der wirtschaftlichen Perspektive für die Gemeinde heraus wäre eine Investition in den Altbau unverantwortlich.
Die Entscheidung, ernsthaft über den Abriss des alten Kurhauses nachzudenken, hat im Prinzip mit der Neubauidee erst einmal nichts zu tun. Höchstwahrscheinlich hätte diese Entscheidung auch völlig unabhängig vom Neubau in absehbarer Zeit so fallen müssen, wenn wir die Zukunft der Gemeinde nicht aufs Spiel setzen wollen. Die Neubauüberlegungen haben die Frage tatsächlich früher aufgeworfen, als es sonst der Fall gewesen wäre. Die Gemeinde ist natürlich auch ihren Mietern gegenüber in der Verantwortung. Für die Mieterinnen und Mieter des Hauses und mit ihnen müssen wir Lösungen finden. Auf der anderen Seite ist aber auch klar, dass eine Planung des Neubaus ohne das Haus, das jetzt vor der Kirche steht, ganz andere und viel bessere Möglichkeiten bietet. Die Überlegung, den Zugang zur Kirche – den jetzigen „Hochzeitsweg“ – direkt und gerade von der Straße aus auf die Kirche zuzuführen und damit auch eine neue Sichtachse zu schaffen, ist nur ohne das vordere Wohnhaus offen.
5. Der Plan
Aus den Gesprächen des Workshops ergibt sich die Präferenz für diese Planung mit zwei getrennten Baukörpern, zwischen denen der neue Kirchweg führt.
Da es für Johannisthal keinen Bebauungsplan gibt, richtet sich die Genehmigungsfähigkeit von Baumaßnahmen nach der Nachbarbebauung. Dafür ist der Blick auf den Nachbarblock Sterndamm 98 und auf die gegenüberliegenden Häuser maßgeblich.
Die folgende Skizze wäre der Ausgangspunkt der weiteren Planungen:

Ein paar Details: Die Fenster in der Brandwand zum Nachbarhaus sind nicht als Baulast im Grundbuch eingetragen und müssten geschlossen werden. Das gilt eigentlich auch für die auf unserem Grundstück aufgebrachte Dämmung der Wand. Für die Bebauung müssten wir die Fluchtlinie der Gebäudefront einhalten, könnten nicht bis zur vorderen Grenze unseres Grundstückes vorrücken. Die auf dem Streifen liegende Gasleitung ist als dauerhafte Baulast eingetragen. Ähnliches gilt auch für die Rückseite: Die Hinterfront des Nachbarblockes wäre auch die hintere mögliche Bebauungsbegrenzung. Auch die Befestigung der Halteseile für die Straßenbahnoberleitung ist als dauerhafte Baulast im Grundbuch vermerkt. Dafür muss eine Lösung gefunden werden. Die Feuerwehrzufahrt muss als Abstandsfläche erhalten bleiben. Die Nachbarbebauung würde eine viergeschossige Bebauung erlauben.
6. Varianten
1. Brandwand:
Eine noch offene Frage ist der Umgang mit der Brandwand zum Nachbargrundstück Sterndamm 98. Für den Gesamteindruck des Geländes ist es sinnvoll, über eine Gestaltung der Wandfläche nachzudenken.
Im Zusammenhang mit dem Neubauvorhaben stellt sich die Frage, ob nicht auch eine Bebauung sinnvoll ist. Problematisch ist
- die nördliche Ausrichtung und damit das fehlende Sonnenlicht.
- die geringe Bebauungstiefe durch fehlendes Licht von der Rückseite.
- die sich mit dem Anschluss an den straßenseitigen Riegel ergebende schwer nutzbaren Eckflächen (Berliner Zimmer).
Der Umgang mit der Brandwand ist im Zuge der konkreten Planungen zu klären.
2. Verlängerung des Baukörpers rechts vom Kirchenzugang nach hinten:
Durch eine Vergrößerung des Gebäudeteils ergeben sich weitere Nutzungsmöglichkeiten und eine bessere Wirtschaftlichkeit. Problematisch ist hierbei:
- die Wahrung von Abstandsflächen sowohl genehmigungstechnisch wie optisch: Das Gebäude könnte vor allem mit seiner Bauhöhe der Kirche zu nahe rücken und ihre Wirkung beeinträchtigen.
- der Glockenstuhl müsste versetzt werden (siehe Punkt 7).
Auch diese Frage kann im Zuge der Planungen entschieden werden.
3. Unterkellerung
Grundsätzlich ist die Unterkellerung von Gebäuden ein Kostentreiber. Andererseits werden auch Nebenräume gebraucht. Auch hier ist im Zuge der Planungen abzuwägen.
7. Das Geläut
Der 1930 provisorisch errichtete Glockenstuhl ist in der gegenwärtigen Position eine Zumutung für die unmittelbaren Anwohner wie für Parkbesucher. Andererseits erreichen sie schon die Menschen in der nächsten Straße nicht mehr, denen das Geläut gilt. Die Glocken sind für eine Position oberhalb der Dächer gedacht, zwischen den Gebäuden gefangen entfalten sie ihre Wirkung nicht.
Auch unabhängig von der Frage der Gebäudeverlängerung (6.2.) ist im Zuge der Planungen eine Lösung für die Glocken zu suchen, weil anderenfalls die neuen Anwohner beeinträchtigt werden. Langfristig müsste sowieso eine Lösung her.
Anzustreben wäre ein Glockenturm bzw. ein Glockengerüst, das die Glocken oberhalb der umgebenden Dächer platziert. Als Standort dafür bietet sich die unmittelbare Nähe der Kirche an, entweder vor und über dem Haupteingang – und damit in der Sichtachse des Zugangs von der Straße – oder hinter der Kirche.
Aus statischen Gründen muss eine Lösung ohne die Neubauten gefunden werden, andererseits sind Abstandsvorschriften zu Nachbargrundstücken zu beachten.
Eine Lösung muss im Zuge der näheren Planungen gefunden werden. Dabei ist auch der Einfluss dieser zusätzlichen Baumaßnahme auf die Wirtschaftlichkeit des Gesamtprojektes zu bedenken.
8. Nutzung
Die Nutzungen des Neubaus sollten zum Gemeindeleben passen.
- Kindergarten. Der Bedarf an KiTa-Plätzen in Johannisthal ist hoch. Für die Baugenehmigung ist sowie eine KiTa-Platz-Abgabe fällig, es sei denn, wir bauen selbst für diesen Zweck. Andererseits ist im Koalitionsvertrag des Senates die Bau-Förderung für freie Träger – was wir wären – gestrichen.
- Wohnheim für Auszubildende bzw. Studierende
- Café
- Eine-Welt-Laden
- Betreutes Wohnen, Mehrgenerationenhaus
- Wohnungen für Familien
- weitere Gemeinderäume (?)
- …
In jedem Fall muss eine Ausweichmöglichkeit für die Kinderkirche während des Baus und dann auch eine langfristige Lösung geschaffen werden. Bisher ist die Kinderkirche im alten Kurhaus untergebracht. Die Frage von notwendigen Stellplätzen für Pkws und für Fahrräder, auch hinreichender Platz für die Entsorgung muss bedacht werden.
9. Offene Fragen
Über das rechtliche Konstrukt – Gründung einer GmbH, Erbbaurecht usw. – muss noch eine Klärung und dann Lösung herbeigeführt werden.
Grundsätzlich soll Variabilität innerhalb der Gebäude für eine mögliche spätere Umnutzung in den Planungen wichtig sein.
Mit den Mieterinnen im Altbau muss rechtzeitig eine für beide Seiten tragfähige Lösung gefunden werden.
Im Rahmen der Neubauplanung muss auch eine Gesamtplanung des Geländes im Blick sein:
- Nutzung der Nebengebäude (Schuppen, Garagen …)
- Anlage eines Spielplatzes (für die KiTa, für die KiKi …)
- Bepflanzung (Straßenbäume vor dem Neubau, Ersatzpflanzungen für zu fällende Bäume …)
Es soll nachhaltig gebaut werden. Für die neuen Gebäude ist Klimaneutralität anzustreben.
Das Grundstück Sterndamm 90 mit dem denkmalsgeschützten Haus ist in den Planungen zunächst außen vor – es sei denn, es ergeben sich hilfreiche Überschneidungen (? Standort Glocken …).
Eine größere Solaranlage auf dem Kirchendach könnte (nach möglichen Gesetzesänderungen) für die Bewirtschaftung des Gesamtgrundstückes hilfreich sein.