Ostersonntag – Baumschulenweg offene Kirche: 4.4.

Predigt: 2. Mose 14-15

8 Und der HERR verstockte das Herz des Pharao, des Königs von Ägypten, dass er den Israeliten nachjagte. Aber die Israeliten waren unter der Macht einer starken Hand ausgezogen. 9 Und die Ägypter jagten ihnen nach mit Rossen, Wagen und ihren Männern und mit dem ganzen Heer des Pharao und holten sie ein, als sie sich gelagert hatten am Meer bei Pi-Hahirot vor Baal-Zefon. 10 Und als der Pharao nahe herankam, hoben die Israeliten ihre Augen auf, und siehe, die Ägypter zogen hinter ihnen her. Und sie fürchteten sich sehr und schrien zu dem HERRN 11 und sprachen zu Mose: Waren nicht Gräber in Ägypten, dass du uns wegführen musstest, damit wir in der Wüste sterben? Warum hast du uns das angetan, dass du uns aus Ägypten geführt hast? 12 Haben wir’s dir nicht schon in Ägypten gesagt: Lass uns in Ruhe, wir wollen den Ägyptern dienen? Es wäre besser für uns, den Ägyptern zu dienen, als in der Wüste zu sterben. 13 Da sprach Mose zum Volk: Fürchtet euch nicht, steht fest und seht zu, was für ein Heil der HERR heute an euch tun wird. Denn wie ihr die Ägypter heute seht, werdet ihr sie niemals wiedersehen. 14 Der HERR wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein. 19 Da erhob sich der Engel Gottes, der vor dem Heer Israels herzog, und stellte sich hinter sie. Und die Wolkensäule vor ihnen erhob sich und trat hinter sie 20 und kam zwischen das Heer der Ägypter und das Heer Israels. Und dort war die Wolke finster und hier erleuchtete sie die Nacht, und so kamen die Heere die ganze Nacht einander nicht näher. 21 Als nun Mose seine Hand über das Meer reckte, ließ es der HERR zurückweichen durch einen starken Ostwind die ganze Nacht und machte das Meer trocken und die Wasser teilten sich. 22 Und die Israeliten gingen hinein mitten ins Meer auf dem Trockenen, und das Wasser war ihnen eine Mauer zur Rechten und zur Linken. 23 Und die Ägypter folgten und zogen hinein ihnen nach, alle Rosse des Pharao, seine Wagen und Männer, mitten ins Meer. 28 Und das Wasser kam wieder und bedeckte Wagen und Männer, das ganze Heer des Pharao, das ihnen nachgefolgt war ins Meer, sodass nicht einer von ihnen übrig blieb. 29 Aber die Israeliten gingen trocken mitten durchs Meer, und das Wasser war ihnen eine Mauer zur Rechten und zur Linken. 30 So errettete der HERR an jenem Tage Israel aus der Ägypter Hand.
15, 20 Da nahm Mirjam, die Prophetin, Aarons Schwester, eine Pauke in ihre Hand und alle Frauen folgten ihr nach mit Pauken im Reigen. 21 Und Mirjam sang ihnen vor: Lasst uns dem HERRN singen, denn er hat eine herrliche Tat getan; Ross und Mann hat er ins Meer gestürzt.

Es war früh am Morgen. Die Straßen waren noch leer und die wenigen Menschen, die man sah, zogen schweigend ihrer Wege. So auch die beiden Frauen. Sie hatten sich vor kurzem kennengelernt und schnell festgestellt, dass sie eine große Gemeinsamkeit verband: Beide zog es jedes Jahr an diesem Tag auf den Friedhof. Und heute war es wieder so weit. Der Weg war vertraut und die Frauen hingen beide ihren Gedanken nach. Erst als sie das Friedhofstor erreichten, öffnete die eine den Mund: „Komm“, sagte sie und wies in eine Richtung, „wir setzen uns auf eine der Bänke.“ Die andere nickt und folgte ihr. Auf der Bank Platz genommen, ließen beide ihren Blick schweifen. Es war eine schöne Stimmung. Man hörte die ersten Vögel, sah einige Sterne und hier und da ein Grablicht brennen.

„Merkwürdig“, begann die eine der beiden Frauen unvermittelt. Sie war kleiner als die andere und schon etwas in die Jahre gekommen. Doch ihre Augen drückten noch immer eine große Lebendigkeit aus. „Merkwürdig“, sagte sie jetzt noch einmal, „immer wenn ich hier bin, kommt die ganze Geschichte wieder hoch.“ Sie schaute die andere an: „Es ist so lange her, aber dieses Gefühl, mit dem Rücken zur Wand zu stehen, das habe ich bis heute nicht vergessen.“

Die andere, die jüngere der beiden, deren Augen oft traurig in die Welt blickten, sah sie verwundert an: „Mit dem Rücken zur Wand? Wieso, was war geschehen?“

Die Ältere seufzet: „Weißt du, es war eine schreckliche Zeit damals. Immerzu sollten wir bloß arbeiten. Immer härter wurden die Auflagen und nie war es genug. So viele von uns waren schon aus Erschöpfung zusammengebrochen, aber die da oben, die kannten keine Gnade. Wir waren wirklich wie Sklaven.“

„Das ist ja furchtbar. Und dann?“

„Dann kam einer, der uns an Freiheit erinnerte. Der uns daran erinnerte, dass Gott uns liebt, dass wir auch wertvoll sind. Und dass es immer Wege hinaus gibt. Und so stritt dieser eine für uns bis der Herrscher uns endlich gehen ließ. Aber kaum waren wir ein paar Tage gegangen, setzte der Herrscher uns nach mit all seinen Streitwagen und Kriegern. Und plötzlich waren wir eingekesselt: hinter uns die Krieger, vor uns das Meer. Da gab es kein Entrinnen.“

„Eben mit dem Rücken zur Wand“, sagte die jüngere Frau nachdenklich.

„Ja. Es war schrecklich. Wir alle gerieten in Panik und waren sicher, dass unser Leben verwirkt war. Viele von uns vergaßen sogar, dass sie sich selbst die Freiheit gewünscht hatten und machten unserem Anführer Vorwürfe. Aber dann kam dieser vertrauensvolle Anführer. Er erhob seine Stimme und sagte etwas Wunderschönes. Ich habe es heute noch im Ohr. Er sagte: „Fürchtet euch nicht, steht fest und seht zu, was für ein Heil der HERR heute an euch tun wird.“

Beide Frauen lauschten diesen Worten nach. Dann brach die Jüngere das Schweigen: „Weißt du, das klingt wie bei meiner Geschichte. Obwohl die ganz anders anfing.“ Sie schaute auf ihre Begleiterin und als sie deren aufmerksamen Blick sah, begann sie zu erzählen: „Wir waren eine kleine Gruppe von Suchenden. Wir suchten nach dem, was wirklich zählt im Leben, wir suchten nach Antworten und v.a. nach Gott: Wie konnten wir uns Ihm nähern? Wie Seinen Willen mit uns besser erkennen und befolgen? Und da trafen wir einen Mann, der uns Antworten zu geben vermochte. Keine einfachen Antworten, im Gegenteil. Häufig sprach in Bildern und Gleichnissen mit uns und so manches Mal sagte oder tat er etwas, das wir nicht verstanden. Aber wir spürten, dass wir bei ihm richtig waren. Er hatte eine ganz besondere Ausstrahlung, so sanft und geduldig und freundlich. Und die Art, wie er mit Menschen umging – gleich ob krank oder gesund, ob arm oder reich, ob beliebt oder ausgestoßen, jeder schien für  diesen Mann etwas Besonderes zu sein.“

„Aber was geschah dann“, fragte die andere.

„Der Mann wurde umgebracht.“

„Was?“

„Ja. Man bezichtigte ihn der Gotteslästerung. Und dann starb er einfach. Qualvoll und erniedrigt. Und irgendwie starben mit ihm auch unsere Hoffnungen.“ Sie schwieg eine Weile. Dann fuhr sie fort: „Ich bin mit ein paar anderen Frauen wenige Tage nach seinem Tod zum Grab gegangen. Und dann passierte das, was mich an deine Geschichte erinnert: Ein Mann in weißem Gewand sagte uns: „Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten.“ Das war so unglaublich, dass wir ängstlich davonrannten.“

Wieder schwiegen beide eine Weile. Bis die Ältere sagte: „Und wenn es stimmt?“

Die andere sah sie erstaunt an.

„Ja“, sagte die Ältere, „Gott hat schon einmal Großes vollbracht. Warum sollte er es nicht wieder tun? Denn weißt du, was bei uns damals geschah: Gott gab uns Rückendeckung. Die Streitwagen kamen immer näher und d stellte Gott Seinen Engel und Sich Selbst zwischen uns, so dass sie uns nicht erreichen konnten. Und dann geschah das Wunder. Direkt vor unseren Augen: Gott teilte das Meer für uns, so dass wir hindurchziehen und wohlbehalten auf der anderen Seite ankommen konnten. Und vor unseren Unterdrückern waren wir ein für alle Mal befreit!“

„Das würde ja bedeuten“, überlegte die Jüngere, „dass wir jetzt vom Tod ein für alle Mal befreit sind.“

„Ja. Genau.“

„Aber was ist mit dem Leid in der Welt, mit den Gequälten, den Sterbenden, den Verzweifelten, die noch immer rufen?“, brach die junge Frau leidenschaftlich hervor. „Was ist mit all dem, das uns noch immer Angst macht? Wir sind so hilflos. Das Leben ist so fragil. Da reichen kleine Erreger aus, um die ganze Welt in Atem zu halten!“

Die Ältere überlegte. Dann sagte sie: „Das alles wird nicht das letzte Wort haben. Gott hat uns schon einmal gerettet. ER wird es wieder tun. Da bin ich sicher. Nicht nur, weil ich das große Wunder am Meer gesehen habe, sondern weil ich auch die vielen kleinen Wunder tattäglich sehe. Ja, wir leben in einer bedrängenden Zeit. Aber ich spüre den Mut und die Kraft, die Gott mir gibt, um das durchzustehen. ER schickt mir Menschen, die mich zu trösten vermögen. Und Er schenkt uns Sein Wort: „Fürchte dich nicht, Ich werde für dich streiten und du wirst zur Ruhe kommen.“ Solche Worte erleuchten uns von innen. Hab nur Vertrauen.“

Die jüngere Frau schüttelte verstohlen den Kopf. Die ältere sah sie an und lächelte: „Dann lass uns gehen. Lass uns zu deinem Grab geben und wir werden sehen.“ Zögernd stand die andere mit auf und beide gingen über die Friedhof. Die Sonne brach jetzt langsam hervor, erste Strahlen schienen durch die Zweige der Friedhofsbäume. Das Grab war leicht gefunden. Es lag an einer Wand und ein großer Stein war in unmittelbarer Nähe. Je mehr sich die beiden Frauen näherten, desto mehr wurden sie gewahr, dass dort am Grab Menschen standen. Viele Menschen. Andächtig standen sie vor dem Grab. Einige beteten, andere sprachen leise miteinander. Die beiden Frauen blickten sich verwundert an, dann gingen sie auf die Gruppe zu und die ältere der beiden sprach einen Mann an: „Entschuldigung, was ist denn hier los?“

Der Mann lächelte: „Dies ist das Grab unseres Heilandes. Er ist nicht gescheitert. Er ist auferstanden. Er hat für uns selbst den Tod in seine Schranken gewiesen. Nichts, was finster ist, in dieser Welt, wird finster bleiben. Gottes Liebe wird sich immer durchsetzen.“ Der Mann strahlte: „Deshalb sind wir hier. Wir glauben daran. Viele von uns haben es selbst erlebt, wie Gott unter uns wirken kann, wie Er uns rettet.“

„So wie ich“, sagte die ältere Frau und begann ebenfalls zu strahlen. Sie sah auf die jüngere und sagte: „Fürchte dich nicht, glaube nur.“

„Das hat Jesus auch gesagt“, antwortete die.

In dem Augenblick begannen die ersten zu singen. Erst ganz verhalten, aber dann stimmten immer mehr mit ein, auch die beiden Frauen. Ein Lobgesang auf das Leben, auf den Sieg über den Tod und auf die Hoffnung. Und währenddessen brach die Sonne mit ihren letzten Strahlen hervor.

Christ ist erstanden von der Marter alle; des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrie eleis. Wär er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen; seit dass er erstanden ist, so lobn wir den Vater Jesu Christ! Kyrie eleis. Halleluja. Halleluja Halleluja!

Amen.

Fürbitten:

Lebendiger Gott,

Du bist erstanden, Halleluja!
Wir feiern das Leben.
Der Tod hat nicht das letzte Wort.
Erfülle uns mit österlicher Freude
an allen Orten, an denen wir feiern:
in den Kirchen, in den Häusern,
an den Bildschirmen.
Für uns bist du erstanden.
Wir sind nicht allein. Halleluja.

Du warst begraben drei Tage lang.
Der Tod steht uns vor Augen.
Du kennst Dunkelheit,
Verlassenheit, Verzweiflung.
Doch du hast den Tod überwunden.
Nimm uns an deine Hand,
führe uns auf Hoffnungswegen ins Leben.

Der Engel sagte: „Fürchtet euch nicht!“
So vieles macht uns Angst.
Wir hoffen auf Perspektiven,
warten auf eine Zeit ohne Einschränkungen.
Wir sehnen uns nach Frieden in der Welt,
nach einem Ende der Gewalt.
Wir beten für die Menschen,
um die wir uns sorgen.
Nimm dich ihrer an.
Wandle unsere Sorge in Zuversicht.

Geht und verkündigt, dass Jesus lebt.
Wir sind verbunden
mit Menschen auf der ganzen Welt,
die zu dieser Zeit Ostern feiern.
Wir beten für die,
die müde geworden sind in ihrem Zeugnis,
und für die, die ihren Glauben
nicht öffentlich bekennen können.

Du bist erstanden, hast uns befreit.
Nichts kann uns schaden,
wenn wir nur dich haben.
Hilf uns, dass wir uns auf dich verlassen
und nicht an Vergänglichem festhalten.
Lass uns mutig protestieren gegen alles,
was das Leben in dieser Welt bedroht.

Gemeinsam beten wir zu dir:
Vater unser im Himmel …

Amen.