Reisebericht von Martin Fehlandt: Meine Zeit in Äthiopien

Vom Berliner Missionswerk bin ich angefragt worden, einen Lehrauftrag an der „Schule für Jazz und Medien“ der Mekane – Jesu – Kirche in Äthiopien, zusammen mit einer Kollegin aus Norddeutschland in Addis Abeba zu übernehmen. Nach reiflicher Überlegung (ich wusste nicht, was dort auf mich zukommt), nahm ich die Bitte an, wurde von der Gemeinde freigestellt und so als Lehrbeauftragter für Chorleitung dorthin entsandt.

Da die Hauptstadt ca. 2600 ü.M. liegt, war schon der Weg von meiner Wohnung zum Seminargelände ziemlich anstrengend. Es begann mit einer Chorprobe für die ersten drei Studienjahre. Das war zunächst sehr anstrengend, da die Studenten mit unserer Art zu musizieren, große Schwierigkeiten hatten. So müssen sie zunächst unser Notensystem lernen, auch lernen, danach zu singen. Welcher Text gehört zu welcher Stimme, wie werden verschiedene „Melodien“ zur 3-bzw. 4-Stimmigkeit… Die Studenten kommen von der arabischen Musik her, einer uns völlig fremden Musik. Genauso fremd ist denen unsere europäische Musik. Umso erstaunlicher, mit welcher Willensstärke, Begeisterung, Lernbereitschaft und Freude sie bei der Sache waren. So war das Schlusskonzert ein „Gänsehauterlebnis“. Solch eine Begeisterung und Power, mit der die relativ einfachen Stücke („Go down, Moses“, „Swing low“, „Irischer Segen“…) gesungen wurden, habe ich selten erlebt.

Die nächste Unterrichtseinheit war der Chorleitung gewidmet. Neun Studenten des fünften Studienjahres lernten, wie ein Chor angeleitet wird, mit Schlagtechnik, Einatmen, Dynamik, Tempowechsel usw. Auch hier erstaunlich, welche Entwicklung die Studenten nahmen. Als Abschluß mussten sie eine Prüfung ablegen, die dann in die Gesamtwertung des Examens einfliesst.

Addis Abeba ist keine schöne Stadt, groß, laut, dreckig, unübersichtlich. China investiert sehr viel in diese Stadt. So entstehen Hochhäuser, eine Hochbahn wird mitten durch bewohntes Gebiet gebaut, der meist die Armenviertel weichen müssen. Armut sieht man auf Schritt und Tritt. Und es werden immer mehr. Äthiopien ist eines der ärmsten Länder der Erde und nimmt jedes Jahr etwa 2-3 Millionen!!! Flüchtlinge auf. Um das Land herum sind überall Krisenherde: Eritrea, Somalia, Sudan… Was soll werden aus einem Land, dessen Bevölkerungswachstum explodiert, das aber durch Dürre und Hungersnot die Menschen nicht ernähren kann?

Noch drei Tage privater Urlaub: in Lalibela. Bekannt ist der Ort im Hochland durch seine ca. 1500 Jahre alten Felsenkirchen, die ähnlich Petra in Jordanien, per Hand in die Felsen geschlagen wurden. Da sich das heute keiner vorstellen kann, wie das jemals möglich war, ist man in Äthiopien der Meinung, das seien Engel gewesen. Keine Kirche ist nur Museum, jede Kirche „arbeitet“. Priester und Mönche überall. Auch Wanderprediger, wie in biblischen Zeiten. Eine völlig andere Welt, eine völlig andere Zeit! Begeisternd!

Es war eine anstrengende aber erfüllte Zeit, für die ich sehr dankbar bin!
Mit ganz herzlichen Grüßen, Martin Fehlandt

(C) Martin Fehland

(c) Martin Fehland