Manchmal höre ich Erwachsene von ihren ersten Erfahrungen mit Gottesdiensten sprechen. Da kommt öfter: „Ich kenn mich da nicht so aus – ich weiß nicht, wann man aufsteht und wann nicht.“
Das kann man lernen. Aber die anderen scheinen es zu wissen. So fühlt man sich mitten in einer fremden Gesellschaft.
Ich weiß, wie manche ältere Menschen sich mühsam hochziehen, wenn sie aufstehen. Ich kann mir vorstellen: Manchmal ist es anstrengend, in Ruhe auf der Stelle zu stehen; und man ist froh, wenn man sich wieder niederlassen kann.
Was machen wir mit solchen Erfahrungen? Das haben sich die Gemeindeleitungen Baumschulenweg und Johannisthal gefragt. Vielleicht: nicht so oft im Gottesdienst aufstehen.
Warum steht die Gemeinde im Gottesdienst überhaupt auf? – Um mit Hochachtung dabei zu sein. Das mag nun unterschiedlich sein, wie wir das persönlich ausdrücken. Aber im Gottesdienst, wo wir gemeinsam hören und singen, beten und anbeten, gibt es auch gemeinsame Formen. Immerhin: Wir können überprüfen, wie es tatsächlich für uns wirkt.
Ich selber stehe gerne. Zumal, wenn wir gemeinsam singen oder gemeinsam sprechen. Aber ich finde es wichtiger, dass ich aufmerksam dabei sein kann. Das mag für manche Gottesdienst-Teilnehmer besser im Stehen, für andere besser im Sitzen sein. Da liegt es nahe zu sagen: Es soll sich jeder frei fühlen zu stehen oder zu sitzen, wie es ihm gerade am besten tut. Aber das würde auch wieder manche verunsichern.
Ich meine: Nehmen wir auf die Rücksicht, die besser im Sitzen dabei sein können.
Kompromiss: Wir bleiben künftig an einer Stelle im Gottesdienst sitzen, bei der wir uns in den letzten Jahren meistens erhoben – beim Fürbittgebet.
Dafür spricht:
- Beim Fürbittgebet beten wir in der Regel in Stille mit. Manchmal lassen wir uns einen Moment der Stille vor Gott. Still sein, ohne eigene körperliche Aktivität, können die Meisten besser im Sitzen; im Stehen haben da etliche eher mit ihrem Kreislauf zu tun.
- In dem Schlussteil des Gottesdienstes erheben wir uns – wie zum Gehen – zum Ausblick auf das Kommende, was „Draußen“ ist.
Bisher allerdings noch zwei Mal ein „stopp noch mal!“:
- Wir singen noch mal; um dabei nicht zu lange zu stehen, setzen wir uns dazu noch einmal.
- Der Segen wird zum Ausgang mitgegeben; darum wird er gesprochen, wenn wir uns erhoben haben. Damit könnten wir losgehen.
- Aber weil wir dem Orgelspiel aufmerksam lauschen wollen, setzen wir uns doch noch mal.
Bleiben wir künftig zum Fürbittgebet sitzen, wird es nur noch ein Auf-und-Ab geben, ehe wir aufstehen, um dann wirklich zu gehen:
- Wir bleiben sitzen beim Fürbittgebet und Vater unser und beim folgenden Gebet.
- Wir stehen zum Segen auf
- und setzen uns noch mal zum Orgelnachspiel.
Reinhard Kähler