Sonntag Exaudi

Liebe Gemeinde!

Am heutigen Sonntag namens Exaudi, stehen wir wieder einmal, geistlich gesehen, zwischen einem „Nicht Mehr“ und einem „Noch Nicht“ – in der kurzen Phase zwischen Himmelfahrt und Pfingsten.

Der Evangelist Lukas erzählt von den Ereignissen rund um die Himmelfahrt Jesu direkt am Anfang seiner Apostelgeschichte. Dort lesen wir:

„Den ersten Bericht habe ich gegeben, lieber Theophilus, von all dem, was Jesus von Anfang an tat und lehrte. Bis zu dem Tag, an dem er in den Himmel aufgenommen wurde, nachdem er seinen Jüngern noch Anweisungen für die Zukunft gegeben hatte. Während vierzig Tagen nach dem Ostermorgen zeigte er sich ihnen als der Auferstandene und sprach mit ihnen darüber, wie Gott seine Herrschaft aufrichten und sein Werk vollenden werde. Als Jesus dann wieder einmal mit ihnen zusammen war, schärfte er ihnen ein: „Bleibt in Jerusalem und wartet auf den Geist, den mein Vater versprochen hat. Ich habe euch sein Kommen angekündigt, als ich euch sagte, dass Johannes nur mit Wasser getauft hat, ihr aber schon bald mit dem Geist Gottes getauft werdet. Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird. Und ihr werdet meine Zeugen sein, in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis ans äußerste Ende der Erde“ Während Jesus das sagte, wurde er vor ihrer aller Augen emporgehoben. Eine Wolke nahm ihn auf, sodass sie ihn nicht mehr sehen konnten. Und als sie noch wie gebannt nach oben starrten und hinter ihm hersahen, standen plötzlich zwei weiß gekleidete Männer bei ihnen und sprachen: „Ihr Galiläer, warum steht ihr hier und schaut nach oben? Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen wurde, wird auf dieselbe Weise wiederkommen, wie ihr ihn habt weggehen sehen!“  (Apg 1,1ff)

Lukas beschreibt die Himmelfahrt Jesu hier ganz sachlich, ohne große Emotionen. Fast so, als ob es normal wäre, dass jemand von der Erde abhebt und in den Himmel fährt. Der auferstandene Christus hielt seine letzte Rede, und kehrte dann zurück zum Vater im Himmel, zum Thron Gottes. So war es, Punkt. Die Apostel und die JüngerInnen aber, die dabei waren, und diese Szene miterlebten, waren da schon deutlichemotionaler. Schließlich war dieses Geschehen eben nicht normal, nicht alltäglich, sondern einmal mehr etwas menschliche Grenzen Überschreitendes. Solch eine Himmelfahrt wurde bisher nur von dem Propheten Elia in den alten Schriften bezeugt.

Die Weggefährten Jesu, sein Freunde und Anhänger, sie starrten Jesus nach. Sogar dann noch, als sie ihn gar nicht mehr sehen konnten. Er ließ sie anscheinend schon wieder allein, und dieses Mal schien es endgültig zu sein. Dabei war der Karfreitag erst wenige Wochen her. Der Tag, an dem Jesus ans Kreuz gegangen war und starb – und sie allein zurückblieben. Damals war ihr Glaube an diesen Christus beinahe völlig erloschen, auch das Vertrauen in sein Versprechen, dass er sie niemals verlassen würde.  Und wäre das „Christus ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden.“ am Ostermorgen nicht geschehen, so wäre ihre christliche Hoffnung sicher  nicht  wieder lebendig geworden. Doch Christus hatte dem Tod die Macht genommen, war wieder auferstehen – und als Lebendiger wieder unter ihnen. Er hatte sein Versprechen gehalten und sie eben nicht allein gelassen. Sie konnten ihn seit Ostern wieder hören und sehen, er war wieder ganz nah. Er zeigte sich sogar nicht nur seine engsten JüngerInnen, sondern auch vielen anderen Menschen. Damit auch sie seine Auferstehung, seine Göttlichkeit bezeugen konnten. Damit die Botschaft des Evangeliums, die Nachricht von der Liebe Gottes zu uns Menschen, die sich in Christus offenbart hat, sich verbreitete.

Doch nun fuhr Jesus gen Himmel zum Vater auf. Sie blieben wieder zurück. Hatten sie wieder die Furcht, von ihm allein gelassen zu werden? Ich glaube nicht. Denn sie hatten am Ostermorgen erlebt, dass Gott seine Versprechen nicht bricht. Es galt seit dem Tag, als Jesus es aussprach, es galt zur Zeit der ersten ChristInnen, und es galt weiter durch die Jahrhunderte. Und es gilt auch uns heute morgen, und noch weit darüber hinaus. „Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.“

Ob wir das fühlen oder nicht, ob es uns immer bewusst ist oder nicht. Gott ist an der Seite seiner Leute, seiner Gläubigen. Er ist auch Ihnen und mir ganz nah, jeden Tag neu. Ich möchte Sie ermutigen, darauf zu vertrauen, auch in dieser schwierigen Zeit der Pandemie – und auch angesichts der Bomben, die in diesen Tagen wieder in Israel fallen.  

Angesichts all dieser Geschehnisse würde ich mir wünschen, dass Gott ab und zu auch heutzutage „zwei weißgekleidete Männer“ schickt, die unseren Glauben stärken, unsere Zuversicht festigen. So wie es den JüngerInnen seinerzeit zuteil wurde, als die zwei Boten Gottes ihnen die richtige Richtung zeigten. Sie erinnerten, dass sie ihren Blick nach vorne ausrichten sollten, auf den Pfingsttag hin, an dem sie mit dem heiligen Geist Gottes erfüllt würden, der ihnen Kraft zum Leben und Handeln sein wird. Und sie taten genau das, sie gingen nach Jerusalem und warteten.

Wir, die wir ca. 2000 Jahre nach diesen Ereignissen leben, wissen, dass der Pfingsttag nur wenige Tage später schon kam.

Wir leben in der Zeit nach Pfingsten, jeden Tag neu. Jesus ist nicht in menschlicher Gestalt unter uns. Doch was wir genauso haben wie alle Christen-Generationen vor uns, ist die Erfüllung der Verheißung Jesu am ersten Pfingsten, dass der Heilige Geist gekommen ist, und den Glaubenden die Kraft zum Leben gibt. Auch Ihnen, dir und mir, und jedem einzelnen Glaubenden.

Und, wie gesagt, auch wir haben dieses immer gültige Versprechen unseres Herrn:  „Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.“  

Lassen Sie uns darauf vertrauen! Amen

Ihre (neue) Pfarrerin Ute Pfeiffer
Baumschulenweg