Liebe Gemeinde,
Weihnachten ist nun endgültig vorbei – spätestens mit dem 2. Februar sind die letzten Zeichen der Epiphaniaszeit aus dem Alltag verschwunden. Alle Sterne sind von den Fenster abgepult worden, die leuchtenden Herrnhuter vorsichtig auseinandergenommen und verpackt, sortiert nach dreieckigen und viereckigen Spitzen. Die letzten Weihnachtsbäume hat die BSR auch nach den regulären Abholterminen noch entsorgt. Ich kenne bei uns im Viertel einen Hinterhof, in dem sie zu Ostern feierlich verbrannt werden. Es ist nun wieder ein wenig dunkler geworden in Berlin, seit all die kleinen LED-Lichter aus den Fenstern, Gärten, Einkaufspassagen und Bahnhöfen verschwunden sind. Da hilft es auch nicht so richtig, dass die Tage wieder länger werden: Die Stadt im Frühjahr hat oft etwas Trostloses. „Ich fliehe da lieber in den Süden!“ So höre ich es häufiger von aktiven Rentnerinnen und Rentnern, die es den Zugvögeln gleich machen und sich lieber in wärmere Gefilde aufmachen, sobald es ihnen möglich ist.
Wir bleiben zurück und warten darauf, dass sich die Stadt neu schmückt, dass die ersten Knospen treiben und die Zweige an den Bäumen sich mit frischem Grün herausputzen. Wir warten darauf, dass es schöner wird, damit sich auch die Stimmung der Seele wieder hebt. In uns hebt sich Protest gegen die frostige Farblosigkeit um uns herum. Einzelne glitzernde Kleckse setzen manche Akzente – das Nichtalltägliche kann Orientierung schaffen.
Was kann das sein?
Manchmal sind es geschenkte Kleinigkeiten. Oft sind es Gespräche oder Besuche. Es gibt aber auch Situationen, in denen man sich einfach mal etwas gönnen muss. In vielen Wohnzimmerschrankwänden meiner Kindheit gab es ein Schokoladenfach oder ein Bonbonglas.

Eine alte Dame erzählte mir, wie sie jeden Sonntag in einem bestimmten Moabiter Café ein Stück Torte aß. Ob nun Praline, Torte oder Currywurst, teure Frotteewandersocken – wir freuen uns am Wertvollen. Auch wenn das alles materielle Dinge sind, purer Luxus sozusagen, so können sie doch in einem frostig-farblosen Alltag helfen und Strukturen der Zufriedenheit geben. Für mich ist der materielle Wert dabei gar nicht das Entscheidende. Klar, ein Pullover, der einige Euro über der Schmerzgrenze liegt, ist umso kostbarer, wenn ich ihn mir trotzdem gönne. Doch die Kostbarkeit hängt von so vielen verschiedenen Faktoren ab. Lebenslust muss dabei sein. Sich etwas zu gönnen oder anderen etwas zu schenken, ist Ausdruck von Lebenslust. Ein Stück Verschwendung schwingt da mit, denn echte Geschenke sind nicht nützlich. Kostbarkeit ist etwas „drauf zu“. Sie ist vieldeutig. „Das haben wir uns damals geleistet.“ Es ist die Sehnsucht nach dem Besonderen.
Im Spruch für den Monat Februar heißt es:
Ihr seid teuer erkauft.
Im ersten Korintherbrief schreibt Paulus von der Kostbarkeit. Euer Leben ist ein Überschwang, ein „Drauf zu“, ein vieldeutiges Geschenk. Ihr seid der Luxus, den Gott sich leistet. Euer Leben färbt den Nebel leblosen Graus. Paulus schreibt das in einem Abschnitt über angemessenes Verhalten und eine gute Haltung im Leben.
Ihr seid teuer erkauft. Werdet nicht der Menschen Knechte.
Da werden wir selbst zum wertvollen Gut, dass hoch gehandelt wird. Kostbarer kann es nicht sein. Doch es darf nicht in falsche Hände geraten. Es soll nicht zum Besitz gemacht werden, denn für Paulus ist es allein Jesus Christus, der sich diese Wertstücke erworben hat. Er hat sich uns Menschen zu eigen gemacht, durch sein Leben und sein Sterben. So gelten wir für ihn nicht als Objekte, über die willkürlich verfügt werden könnte. Sondern wir sind wahre Kostbarkeiten, der Schatz Christi.
Der Glanz des Weihnachtsfestes mag also verblasst sein, und die Pracht und Herrlichkeit eines neuen Frühlings mag noch auf sich warten lassen: Aber in all der Tristesse unseres Berliner Alltagstrotts glitzern jene Schmuckstücke Gottes: Auf den S-Bahnsteigen tummeln sie sich, sie sind zu finden in Kindergärten und Seniorenheimen. Sie grüßen einander auf den Straßen und machen sonntags Ausflüge, um etwas von dem verborgenen Strahlen einzufangen.
Kommen auch Sie gut durch die länger werdenden Tage, die manchmal dunkler sind als der sonnenlose Dezember. Vielleicht erkennen Sie auf dem Weg zum Osterfest manche solcher teuer erkauften Kostbarkeiten.
Ihre Julika Wilcke