Die evangelische Kirche in Johannisthal
ungewöhnlich in Bau und Geschichte –
Versetzen Sie sich in das Jahr 1880. Die Zeit war im weit von Johannisthal entfernten Berlin die einer Expansion, einer regen Bautätigkeit und zunehmender Wohnungsnot. Der kleine Ort Johannisthal lag damals weit vor den Toren von Berlin und entwickelte sich zu einem Vorort von Berlin. Bedeutsam wurde er Jahre später durch den Flughafen und auch die Verkehrsanbindung mit der Bahn ging voran. Von solchen Orten gab es viele rund um Berlin und der Berliner sagte: „Jwd“ – was so viel heißt wie „Jans weit draußen“. In dieser Zeit wurde um Berlin herum eine große Anzahl von Ausflugslokalen gebaut. Allein in Johannisthal gab es letztlich vier.
Doch wie entsteht hier eine Verbindung zu einem Kirchgebäude? Im Jahr 1880 kaufte der Freiherr Carl Eduard Trützschler ein Gelände in Johannisthal. Auf diesem Gelände wurde eines der erwähnten Ausflugslokale mit dem Namen „Kaiser-Wilhelm-Garten“ erbaut. Zu dieser Zeit hatte die Ortsgemeinde Johannisthal ca. 400 Einwohner, keine Schule und keine Kirche. Sowohl der Schulbetrieb als auch das Kirchenleben fanden in Rudow statt, und das bei Wind und Wetter.
In den Jahren bis zum 1. Weltkrieg wurde Johannisthal, bedingt durch den Flughafen, immer bekannter und es fanden auch große Flugschauen mit bis zu 250.000 Besuchern statt. Wahrscheinlich auch aufgrund der Zunahme der Bekanntheit bekam Johannisthal 1915 eine erste Pfarrstelle. Der erste Pfarrer Carl Meyer unternahm große Anstrengungen ein Gelände für einen Kirchbau zu erhalten. Zu erwähnen ist, dass schon 1897 vor dem Rathaus Johannisthal ein solcher Kirchbauplatz im Bebauungsplan vorgesehen war. Aus diesem Plan wurde leider nichts. Auf Grund der Kriegszeiten wurden die Pläne nicht verwirklicht und auch der allgemeine Geldmangel trug dazu bei.
1919 wurde dann das Ausflugslokal „Kaiser-Wilhelm-Garten“ geschlossen und es wurde für ein Jahr ein Kino. Als auch dieses wieder geschlossen wurde, stand das Grundstück 1920 zum Verkauf.
Diese Gelegenheit wurde durch die Ev. Kirchengemeinde genutzt und sie wurde damit Eigentümerin des Grundstückes. Dabei handelte es sich bei der Bebauung um den eigentlichen Gaststättenbereich mit Saal, Küche, Toiletten und Veranden, ein Pavillon um das ehemalige Badehaus, das aus der Zeit stammt, in der Johannisthal zu einem Bad entwickelt werden sollte. Es war also ein für Kirchen sehr ungewöhnliches Gelände.
Das gesamte Gelände hat parkähnlichen Charakter und wurde 1930 um eine aus einem Stahlgestell bestehenden Glockenturm ergänzt.
Bis 2012 gab es dann keine weiteren baulichen Veränderungen auf dem Gelände und somit blieb der Parkcharakter bis heute erhalten. Nach Bombenschäden während des 2. Weltkrieges wurde es wieder zügig aufgebaut um am 9. April 1951 wurde wieder Gottesdienst gefeiert.

Eine Kirche braucht natürlich einen Glockenturm. Da ergab es sich, dass für die große, wohlklingende Glocke, die extra für die Weltausstellung in Wien 1873 nach dem neuen Verfahren von Jacob Mayer aus Stahl gegossen worden war, noch immer ein ehren voller Platz gesucht wurde, denn es ist eine besonders eindrucksvolle Glocke. Ihr Durchmesser beträgt 1,89m und ihren Mantel zieren die 26 Wappen der damaligen deutschen Länder, die 1871 vereinigt worden waren, sowie eine Inschrift „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden“.

Kostenlos erhielt die Johannisthaler Gemeinde dieses Prachtstück. Im Garten vor dem Kirchsaal konnte die Glocke schon bald in ein kleines Stahlgerüst gehängt werden. Nachdem in Lauchammer noch zwei kleinere Glocken gegossen werden konnten, die am 15. Oktober 1930 unter großer Beteiligung der Bevölkerung vom Bahnhof Schöneweide eingeholt wurden, entstand ein Stahlgerüst-Turm, in dem noch heute die Glocken klingen. Am 1. Advent 1930 fand die Weihung der Glocken statt und seitdem läutet der harmonische Klang jeden Sonnabend um 18 Uhr den Sonntag ein und ruft die Gemeinde zu Gottesdiensten und anderen Veranstaltungen.
In den Jahren nach der Wiederinbetriebnahme wurde das Gebäude mit viel Eigenleistung instand gehalten, bis im Jahr 2008 einen Generalsanierung vorgesehen wurde. Bei der Sanierung wurden der Bühnenanbau abgerissen, die Heizung vollständig erneuert, eine wärmedämmende Fassade angebracht und der Saal durch zusätzliche Fenster und neuen Fußboden deutlich aufgewertet.
Das gesamte Gebäude ist nun auch für Menschen mit Behinderung problemlos nutzbar. Parallel zur Planung und Sanierung wurde auch ein Förderverein gegründet, der durch Mitgliedsbeiträge und Benefizkonzerte 50.000 EUR zur Sanierung beitragen konnte. Dieser Förder-verein existiert noch heute und veranstaltet jährlich 6 bis 7 Benefizkonzerte. Der Kirchsaal ist bei den musizierenden Gästen sehr beliebt, weil er durch den Einbau einer Akustikdecke einen sehr guten Klang erzeugt.
Allen Künstlerinnen und Künstlern sei an dieser Stelle für ihre Beiträge ohne Honorar gedankt. Wir hoffen weiterhin auf zahlreiche Gäste zu den Gottesdiensten, Konzerten und anderen Veranstaltungen.
Ihr Lars Mönch