Es ist Sonntag, der 09. September, der Tag des offenen Denkmals, und wir sind dabei!
Nicht als Denkmal, sondern als Akteure, die ein Denkmal mit Leben erfüllen wollen. Und wir, das sind Herr Wolfgang Prietsch aus der Baumschulenweger Gemeinde, der selbst verfasste Gedichte und Kurzgeschichten vortragen wird, und der Flötenkreis aus Johannisthal, der die musikalische Umrahmung dazu gibt.
Wir machen uns auf den Weg nach Hessenwinkel zur dortigen kleinen Waldkapelle. Im Programmheft für den Tag sind wir mit unserer Aktion auch vermerkt. Idyllisch im Berliner Stadtforst zwischen Rahnsdorf und Wilhelmshagen gelegen, erwartet sie uns. Nur das sicher sonst saftige Grün rundherum fehlt nach der sommerlichen Dürre. Es staubt heftig bei jedem Schritt zu ihr hin. Die Kapelle trägt den etwas gewöhnungs-bedürftigen Namen „Zum anklopfenden Christus“.
Nachdem wir aber das Altarbild im Innern gesehen haben, können wir das nachvollziehen. Es zeigt nämlich einen solchen Jesus. Es ist ein herr-licher Sonnentag, und so sind viele Menschen mit Fahrrädern und auch per pedes unterwegs und unterbrechen Fahrt und Wanderung, um einen Blick in die Kapelle zu werfen, während wir unser Programm proben. Die Kapelle wurde 1910 erbaut von den Architekten Jürgensen und Bachmann, die an vielen Stellen unsere Stadt ihre Handschrift hinterlassen haben. Z.B. haben wir das Schöneberger Rathaus ihnen zu verdanken. Beide Weltkriege konnten dem Kirchlein nichts anhaben, nur das fehlende Geld zu DDR-Zeiten führte zu einem allmählichen Verfall, der aber Mitte der 90er Jahre durch Spenden und Mitteln des Denkmalschutzes aufgehalten werden konnte.

Seit 20 Jahren kümmert sich ein Freundeskreis ehrenamtlich und liebe-voll um dieses Kleinod. Neben monatlichen Gottesdiensten werden Konzerte, Lesungen, Filmvorführungen, Ausstellungen organisiert. Um 15 Uhr haben sich 23 Zuhörer eingefunden, als wir mit unserer Darbie-tung beginnen. Ab und an gehen welche, kommen neue hinzu; das müssen wir aushalten, zumal es eher lautlos geschieht. Herr Prietsch hat Gedichte passend zu ausklingendem Sommer und beginnendem Herbst ausgesucht. Auch Besinnliches ist dabei, wie eine Kurzgeschichte, in der vor einer Senioreneinrichtung ein alter Schrank zerlegt wird, der wohl einem verstorbenen Bewohner gehörte. Ein Schmuckstück fürwahr, aber für Niemanden mehr nütze. Wie viele Menschenleben mag er begleitet haben, was hat er alles gesehen? Und was bleibt einmal von uns, wenn wir uns aus dieser Welt verabschieden? Werden wir Spuren hinterlassen haben oder geht es uns wie besagtem Schrank? Freundlicher Applaus zum Abschluss, noch ein nettes Gespräch mit Besuchern und anwesen-den Ehrenamtlichen der Waldkapelle beendeten unseren Ausflug zu einem Denkmal, das, getreu dem Thema des Denkmaltages – „Entdecken, was uns verbindet“- auch Sie einlädt, einmal vorbei zu schauen.
Der Bus 161 (Waldstraße 50) hält fast vor der Tür.
Dazu ermuntert Sie
Bernd Wulff.