Ein Jegliches hat seine Zeit

Auf ihrem Schreibtisch im Zimmer stand immer eine Vase aus Ton.
Es war das Zimmer einer älteren Frau im Seniorenstift, die ich eine Zeit lang
besuchte.

Diese Frau hatte in jüngeren Jahren als Journalistin gearbeitet und auch im hohen Alter setzte sie sich nahezu täglich an den Schreibtisch, um Texte zu verfassen. Das Zimmer war nicht sonderlich groß und vor allem praktikabel eingerichtet. Außer dieser einen blauen Vase auf dem Schreibtisch vom Töpfermarkt in Weimar. Die Vase war stets mit Wasser gefüllt. Doch Blumen standen nie darin. Stattdessen ragte ein einfacher Ast, ganz hölzern daraus. So wirklich dekorativ war das nicht. Wo doch außerdem der Platz auf dem Schreibtisch so begrenzt war. Und irgendwann habe ich die Frau dann gefragt, was es auf sich hat mit diesem Stock in der Vase: „Ich warte darauf,“ erzählte mir die Frau, „dass dieses Holz zu blühen anfängt.“ Wie unvernünftig, dachte ich und schaute wohl skeptisch. Aber eines Tages, als ich sie wieder besuchte, zeigte sich am Ast tatsächlich ein bescheidenes, zartes, ganz unaufdringliches grünes Blättchen.

Diese Woche, als ich die Worte des Propheten Jesaja las, erinnerte ich mich wieder an diesen für mich so rührenden Moment als mir diese Frau ganz stolz und hoffnungsvoll diesen blühenden Ast zeigte.

Bei Jesaja heißt es nämlich wie folgt:

Dann wird ein Zweig aus dem Baumstumpf Isais austreiben, und ein Spross wächst aus seiner Wurzel heraus. Auf ihm wird ruhen der Geist Gottes, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht Gottes.

Erkenntnis und Weisheit und auch Frieden kann die Welt in diesen Tagen gut gebrauchen. Jedes Jahr steht der Advent für einen Neuanfang. Und auch der Jahreswechsel bringt Mut und Hoffnung auf einen persönlichen Neustart. Das neue, veränderte ist manchmal noch nicht erkennbar und trotzdem schon am Werden.

Das mit zu bedenken wünsche ich uns für alle neuen Aufgaben und Wege, die wir vor uns haben! Und gutes Gelingen, sowie Mut zum Ausprobieren und auch Scheitern, falls etwas nicht gelingen sollte. Es wird immer etwas neues entstehen und das bringt neue Erkenntnisse mit sich.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen Gottes Begleitung und seinen stärkenden Segen!

Ihre Juliane Bach