Faire Gemeinde Johannisthal?!

Ein Wegweiser aus dem Klimateam

Unsere christlichen Werte sind:
Bewahrung der Schöpfung und ihrer Vielfalt, Sorge um uns selbst und unsere Nächsten sowie die zukünftigen Generationen. Verantwortung übernehmen für unser Handeln in seiner ganzen Konsequenz.

Angesichts der menschengemachten Klimakrise und vieler weiterer Konflikte in Politik und Gesellschaft, die unser aller Lebensgrundlagen auf der Erde massiv bedrohen und die gewohnten Lebensbedingungen aus dem Gleichgewicht bringen, suchen Menschen
weltweit nach möglichen Lösungen und neuen Ideen.

Schauen wir doch einmal auf unseren Einflussbereich als Gemeinde und prüfen unser Handeln auf Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit. Als wir uns im Klimateam damit konkret beschäftigt haben, sind wir auf das Siegel “Faire Gemeinde” gestoßen. Entwickelt von der EKBO, dem Erzbistum Berlin und dem Ökumenischen Rat Berlin-Brandenburg zeichnet es Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen aus, die sich durch ihr Handeln und eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit für Nachhaltigkeit und globale Gerechtigkeit einsetzen.

In vier Bereichen sollen konkrete Maßnahmen umgesetzt werden:

  1. Bewusst konsumieren
  2. Nachhaltig wirtschaften;
  3. Global denken und handeln;
  4. Sozial handeln.

Nach Erstellung einer Übersicht fiel schnell auf, dass wir in drei Kategorien bereits die notwendige Anzahl an Maßnahmen erfüllen und darüber hinaus sogar noch weitere Ideen haben, die uns umsetzbar erscheinen.

Das hat uns selbst überrascht – wir sind also schon auf einem guten Weg! Vor allem im Einkaufsverhalten der Gemeinde können und wollen wir nachhaltiger werden, sowohl in Bezug auf Lebensmittel als auch bei anderen Gebrauchsgegenständen und Verbrauchsmaterialien. Nachhaltiger werden bedeutet: Wir wollen darauf achten, dass Herstellung, Transport, Verwendung und Entsorgung so wenig wie möglich neue Ressourcen verbrauchen und umweltschonend hergestellt werden. Für die Gemeinde angeschaffte Ausstattung soll langlebig und reparierbar sein, oder gänzlich wieder verwendet werden können. Und das alles auch sozial gerecht: Wenn wir Dinge verwenden, wollen wir sicher sein können, dass an keiner Stelle Menschen ausgebeutet oder unzureichend für ihre Arbeit bezahlt werden.

Beispiel Lebensmittel:

Hier gibt es bereits verlässliche Orientierungsmöglichkeiten: Das Fairtrade Siegel kennzeichnet Waren, bei deren Herstellung bestimmte soziale, ökologische und ökonomische Kriterien eingehalten wurden. (www.fairetradedeutschland.de)

▷ Produkte wie Kaffee, Tee, Säfte und Schokolade (Kekse) wollen wir aus fairem Handel beziehen und dafür insbesondere auch die Nähe zum Weltladen in Baumschulenweg nutzen.

Vorzugsweise Bio: Intensive Bodennutzung und Pestizideinsatz in der konventionellen Landwirtschaft belasten die Umwelt und das Klima. Für die allermeisten Lebensmittel gibt es inzwischen ökologisch erzeugte Alternativen gut verfügbar im Supermarkt oder beim regionalen Erzeuger. Zum Beispiel Traubensaft aus biologischer Herstellung fürs Abendmahl: Das schont die Böden und die Umwelt und ist letztlich gesünder für die Menschen bei der Herstellung und die Verbraucher:innen.

▷ Wir wollen regionale Produkte, möglichst in Bioqualität, auf jeden Fall ohne Genmanipulation und kein Fleisch aus industrieller Massentierhaltung verwenden.

Beispiel Herstellung:

Im Gegensatz zu Frischfaserpapier benötigt recyceltes Altpapier kein neues Holz, hat einen geringeren Wasser- und Energiebedarf bei der Herstellung und verzichtet auf den Einsatz chemischer Stoffe wie Chlor. Es ist also nachhaltiger und genauso gut im Einsatz wie das „neue“ Papier. Es kann in verschiedenen Helligkeitsgraden bestellt werden und wenn es doppelseitig bedruckt wird, reduziert sich der Verbrauch automatisch.

▷ Wir wollen zukünftig recyceltes Druckerpapier, Toilettenpapier, recycelte Umschläge und Abtrockentücher u. ä. einkaufen und sparsamer verwenden.

Beispiel Verpackung:

Das Denken in Kreisläufen, wie die Natur es uns vormacht, sollte unser Ziel sein. Was wir herstellen, muss irgendwann auch wieder vergehen können oder eine neue Verwendung bekommen. Einweg-Getränkeverpackungen sind mit klimabewusstem Handeln eigentlich nicht zu vereinbaren. Ist das Getränk alle, wandert die Verpackung meist direkt in den Müll – und mit ihr wertvolle Rohstoffe. Recycelt wird leider nur ein Teil davon, im Falle von Getränkekartons sogar nur knapp über 30 Prozent.

Gut, dass es Alternativen gibt! Mehrwegflaschen aus Glas werden bis zu 50 Mal wieder befüllt und sparen bis zu 50 Prozent CO2 im Vergleich zu Einwegverpackungen. Sie werden überwiegend regional über kurze Transportstrecken vertrieben, da viele Hersteller und Abfüller gemeinsam einheitliche Flaschen und Kästen nutzen. Im Vergleich zur ständigen Neuherstellung von Einwegverpackungen spart das eine erhebliche Menge an Ressourcen, Energie und Treibhausgasemissionen ein.

▷ Wir wollen zukünftig unseren Traubensaft für das Abendmahl und auch Wasser und Säfte in Mehrwegflaschen beziehen.

Beispiel Reinigungsmittel:

Die Verwendung von nachhaltigeren Reinigungsmitteln, die beispielsweise mit dem Blauen Engel zertifiziert sind, vermeidet weitgehend umwelt- und gesundheitsbelastende Stoffe, fördert den nachhaltigen Anbau nachwachsender Rohstoffe und reduziert den Verpackungsabfall. Weitere Siegel für umweltfreundlichere Produkte sind das EU Ecolabel und das Ecocert-Siegel. Für die Benutzung gilt auch hier: sparsam dosieren und zusätzlich auf mechanische Reinigung durch Schrubben und Einweichen setzen.

▷ Wir wollen möglichst umweltfreundliche Reinigungs- und Waschmittel verwenden.

Die Gesamt-Übersicht aller Maßnahmen, die wir uns vorstellen können, nach und nach in der Gemeinde zu etablieren, finden Sie auf der Klimatafel in der Kirche. Wir freuen uns auf Ihre Meinungen, Anregungen und Nachfragen. Auch wir entdecken immer wieder Punkte, an denen wir diskutieren, welche Variante nun wirklich nachhaltiger ist. Nicht immer ist das so einfach zu entscheiden. Aber genau dieses Dranbleiben und Prüfen, darauf kommt es an: miteinander austauschen, Informationen sammeln und auch das Hinterfragen sind unsere Anliegen.

Was ist realisierbar und was erweist sich in der Praxis als schwierig? Auf Ihr Mitwirken und Ihre Erfahrungen kommt es an. Sprechen Sie uns gerne an oder kommen Sie zu einem unserer Treffen.

Die Termine hängen an der Tafel aus und sind auch im Churchdesk-Kalender zu finden. Wir überlegen derzeit, was auf dem Weg zur Fairen Gemeinde hilfreich wäre.

Vielleicht kleine Merkzettel oder Übersichtslisten? Haben Sie Vorschläge oder Ideen? Außerdem wollen wir versuchen, alle betreffenden Kreise und Menschen in der Gemeinde direkt anzusprechen. Da liegt noch etwas Arbeit vor uns. Ganz formal braucht es einen Beschluss des GKR und eine*n Fairnessbeauftragte*n, die*der alle zwei Jahre einen Bericht schreibt.

Und vor allem brauchen wir Ihre Mitarbeit. Wir können nur Vorschläge erarbeiten. Umsetzen müssen wir diese Maßnahmen als Gemeinde zusammen. Das kann etwas dauern und wird Routinen aufbrechen und vielleicht an der einen oder anderen Stelle Überwindung oder Umwege bedeuten.

Aber wie heißt es so schön: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“ Die Erfahrung zeigt, dass irgendwann neue Routinen entstehen und dann läuft es wie von selbst. Und am Ende ist es ein großer Gewinn, nicht nur für unsere Gemeinde, sondern weit darüber hinaus.

Auch wenn es sich oft nicht so anfühlt, ist es doch so, dass einzelne persönliche Entscheidungen eine globale Wirkung entfalten können. Es macht in der Summe einen Unterschied, ob Sie Ihr Geld in den fairen Handel geben oder nicht. Und einen noch größeren Unterschied macht es, wenn eine große christliche Gemeinschaft ihr Geld bewusst auf diesen nachhaltigen, ökofairen Weg schickt.

Wenn wir das Siegel „Faire Gemeinde“ erhalten, kann das eine Auszeichnung sein für die neu etablierten Maßnahmen, Ansporn für uns, noch besser zu werden und uns auch immer wieder zu überprüfen, um nicht in alte Gewohnheiten zurückzufallen. Und es hilft uns bei der Sichtbarkeit für unser Ansinnen nach außen.

Wir sind überzeugt davon, dass es sich auf vielen Ebenen lohnt, „Faire Gemeinde“ zu werden.

Herzliche Grüße vom Klimateam
Anne Kilgus, Jeannette Hoffmann und Johanna Werner

Literaturempfehlungen:

Unsere Welt neu denken.
Maja Göpel

All you need is less.
Manfred Folker, Niko Paech

Das ökohumanistische Manifest.
Pierre L. Ibisch, Jörg Sommer

Leihen Sie die Bücher bei Interesse doch gerne in der Bibliothek aus.